Trends und Traditionen im textilen Sonnenschutz Plisseeanlagen lassen die Kasse klingeln

Welche Farben leuchten, welcher Dekotrend ist bereits wieder am Verblassen? Hält der Siegeszug von Plissee bzw. Rollo an und wieso? Wir zeichnen zum Jahresauftakt ein Stimmungsbild aus dem Markt für textilen Sonnenschutz.

Duette Wabenplissee ist als bestes Produkt 2016/2017 ausgezeichnet. - © Duette

Das Gesamtbild setzt sich dabei wie ein Puzzle aus unterschiedlichen Statements zusammen, die uns nicht die herstellende Seite vermittelt hat, sondern der noch amtierende Obmann für Sonnenschutz des Zentralverbands Raum und Ausstattung (ZVR) sowie mehrere Raumausstatter und eine Vertreterin des R+S-Fachhandels. Eines fällt dabei auf: Alle schwärmen von Plisseeanlagen. Die große Nachfrage nach diesem Produkt bestätigt explizit Klaus Zinke, Raumausstattermeister und ö.b.u.v. Sachverständiger für Son-
nenschutz sowie bis Dezember 2015 Fachobmann Sonnenschutz im ZVR. Er sagt: „Aus den Nachfragen der Firmen aus ganz Deutschland nach zu urteilen, die ich beantworte, steigt das Interesse an Plisseeanlagen immer noch weiter an. Der Rest stagniert.“ Fragen zu außen liegenden Sicht-, Blend- und Sonnenschutzanlagen muss Zinke seinen
Ausführungen zufolge im Vergleich dazu nur selten (ein bis zwei Prozent) beantworten, wofür er eine Erklärung hat. „Das liegt meines Erachtens auch daran, dass hier die Schnittstelle zwischen Rollladenbauern und Raumausstattern liegt. Viele Aufträge im Bereich des außen liegenden Sonnenschutzes wickeln die Hersteller oder deren Ver-
tragspartner direkt ab, weshalb diese Nachfragen nicht bei mir ankommen.“ Flächenvorhänge als Alternative im innen liegenden Bereich verkauft Zinke in seinem Geschäft nach Möglichkeit aufgrund der „hohen Beanstandungsanfälligkeit“ nur selten. Im Vergleich dazu stellt er als Geschäftsmann selbst fest, dass Plissees „den größten Anteil
bei Sicht-, Blend- und Sonnenschutzanlagen ausmachen“.

Am Flächenvorhang scheiden sich die Geister

Ela Frevel, Inhaberin des R+S-Fachbetriebs Frevel Markisen, Rollladen, Tore, sagt: „Wir erzielen beim Sonnenschutz 50 Prozent Umsatz mit Markisen, zehn bis 20 Prozent mit innen liegenden Systemen und zirka zehn Prozent mit Raffstores.“ Frevel, diplomierte Ingenieurin für Architektur, ist jedoch im Gespräch mit unserer Fachzeitschrift überzeugt, dass textiler Sonnenschutz weiter zulegen wird: „Innen liegende Anlagen wie Plissees lösen immer mehr die klassische Gardine ab.“ Die beiden Raumausstatterkollegen Mathias Metzler (Schöner Wohnen in Stuttgart) und Wolfgang Grund, Inhaber des gleichnamigen Raumausstattungsgeschäfts, spiegeln unterschiedliche Eindrücke wider. Während Metzler erklärt: „Die Nachfrage nach Flächenvorhängen ist bei uns seit 2014 leicht fallend zugunsten des normalen Vorhangs. Wir haben das Gefühl, dass der Flächenvorhanghype vorbei ist“, spricht Wolfgang Grund von einem „wichtigen Produkt als Sicht- und Sonnenschutz, das sich aufgrund der vielfältigen Kombinationsmöglich- keiten in verschiedenen Raumsituationen einsetzen“ lasse. Einstimmig nennen die beiden Gestaltungsprofis, genau wie der ehemalige ZVR-Obmann Klaus Zinke, das Plissee als das Produkt, das ihnen den meisten Umsatz beschert. Metzler: „Plissees aller Art laufen bei uns ungebremst von einem Rekordjahr zum nächsten. Insbesondere Duette Wabenplissees spielen eine sehr wichtige Rolle bei uns.“ Insbesondere bei komplizierten Sonderformen könne sein Team mit seinem Know-how beim Endkunden punkten. Und was ist das Geheimnis dieses Erfolgsprodukts? „Die Gründe sind eine mittlerweile große Farb- und Musterauswahl und eben ein unheimlich gutes Produkt. Die Plissees beziehen wir bei Teba und MHZ“, sagt Metzler. Daneben seien Doppelrollos nach wie vor beliebt. Mit neuen Mustern, wie zum Beispiel Meridian Twin von JAB, rechnet er für 2016 mit einer verstärkten Nachfrage. „Markisen und die klassischen außen liegenden Systeme wie Raffstores sind bei uns auch aufgrund der starken Konkurrenz in den Großstädten weniger ein Thema. Da gibt es unheimlich viele Anbieter, die sich speziell auf Markisen konzentrieren und hier auch werblich alles auf dieses Thema setzen“, erläutert der Raum ausstattermeister. Wolfgang Grund erklärt den Erfolg von Plisseeanlagen mit dem Umstand, dass sie „aufgrund ihrer Vielfalt an Formen, Dessins und Farben im Privat- und Objektbereich eingesetzt werden können und sich oft sehr gut mit Stoffdekorationen kombinieren lassen. Außerdem bieten Wabenplissees eine gute Energieeffizienz und verbessern den Schallschutz.“ Markisen und außen liegender Sonnenschutz spielen bei Grund, ähnlich wie bei seinem Stuttgarter Kollegen, „keine Rolle“.

Gute Qualität statt Billigware

Und wie sieht es mit der Konsumneigung beim textilen Sonnenschutz aus? Der scheidende ZVR-Obmann Zinke stellt fest: „Wo schon mal ein Rollo, eine Jalousette oder ein Plissee war, findet selten ein kompletter Austausch statt.“ Oft werde ein „Plisseefenster“ mit einer Dekoration an einer wertigen Stange komplettiert. Im Allgemeinen verkauften Fachhändler und Raumausstatter Sonnenschutz nach entsprechendem Kundenwunsch oft als Sichtschutz. Matthias Metzler ist mit dem zurückliegenden Jahr 2015 zufrieden
und erlebt, dass seine Kunden momentan für gute Qualität auch Geld ausgeben. „Wir erfahren inzwischen auch das Ableben zahlreicher günstiger Sonnenschutzartikel aus dem Discounter, d.h. die sehr günstigen Plissees von Aldi und Co., die vor einem oder vor zwei Jahren auf den Markt kamen, baue ich inzwischen bei einigen Kunden schon wieder ab und ersetze sie durch unsere Markenprodukte.“ Auch jüngere Kunden seien mittlerweile durchaus bereit, dafür Geld zu investieren. Dass die hohe Nachfrage nach textilen Sonnenschutzprodukten auch die Nachfrage nach Automationslösungen beflügeln wird, davon ist wiederum Wolfgang Grund überzeugt: „Aufgrund der schnellen
technischen Entwicklung im Bereich Steuerungssysteme erwarte ich hier für die kommenden Jahre eine Umsatzsteigerung.“ Kerstin Pätzold