Der Schadensfall 6-7/2018 Muss man wegen 192 Euro vor Gericht streiten?

Gehen Fachbetriebe bei ihrer Arbeit nicht sorgfältig vor, entstehen schnell handwerkliche Mängel. Wer dann noch uneinsichtig ist, sieht sich schnell vor Gericht wieder – auch wenn der Schaden sich eigentlich schnell und günstig beheben ließe.

Schadensfall
Die Folge unsorgfältiger Arbeit: Auf der rechten Seite hängt der Markisenstoff durch. - © Hochmuth

Die private Auftraggeberin bewohnt ein Einfamilienhaus in einer Reihenhaussiedlung. Auf der hinteren Seite befindet sich ein an das Haus angeschlossener Wohnwintergarten, den eine auf dessen Dach angebrachte und per Rohrmotor angetriebene Markisenanlage verschattet. Bei dieser ließ die Kundin einen Fachbetrieb den Markisenstoff und die Spannschnüre tauschen.

SCHADENSBILD

In der Folge machte die Kundin mehrere Mängel geltend. So sei das Tuch nicht richtig gespannt und hänge durch. Auch passe die Einstellung der Endschalter nicht, die Führungsleiste schlage oben und unten an den Endpositionen an. Darüber hinaus sei das Spaltmaß der oberen und unteren Abdeckung unterschiedlich, der ausführende Betrieb habe Halter der Abdeckung verbogen und nicht mehr gerichtet. Beim Betrieb der Markise fielen der Auftraggeberin ferner laute Geräusche auf, deren Ursache sie ebenfalls auf den unsachgemäßen Einbau der getauschten Führungsseile/ -teile zurückführte. Sie wollte die Mängel beseitigt oder zumindest die Rechnung um einen angemessenen Minderungsbetrag gekürzt wissen. Der Fall landete vor Gericht.

SCHADENSANALYSE

Beim Vor-Ort-Termin stellte der hinzugezogene Sachverständige fest, dass die Arbeiten im Großen und Ganzen fachgerecht ausgeführt waren. Das Knacken führte er beispielsweise auf das Alter der Anlage und der Zugfeder zurück, zudem können Temperaturwechsel und die damit verbundene Materialausdehnung der Alu-Markise für die Knackgeräusche verantwortlich sein. Als tatsächlichen Mangel erkannte der Sachverständige an, dass der Markisenstoff auf der rechten Seite durchhängt und dort fast auf dem Glas aufliegt. Als Ursache dafür machte er aus, dass sich an der rechten Seite die am Ende eingebaute Magnetkralle des Markisenstoffes aus der Nut im Nutrohr gelöst hatte. Als er den Revisionsdeckel des Kastens öffnete, stellte er des Weiteren fest, dass im eingefahrenen Zustand auf der linken Seilrolle noch eine Umdrehung vorhanden war, während auf der rechten Seite noch zwei Umdrehungen zur Verfügung standen. Dies führte zu einem ungleichmäßigen Lauf der Spannschnüre im Endbereich, wodurch das Ausfallprofil nicht gerade abschloss. Auf der linken Seite ermittelte der Sachverständige einen Abstand von 25 Millimeter zum Ende der Führungsschiene und auf der rechten Seite einen Abstand von 15 Millimeter. Am Ausfallprofil selbst konnte er keine Fehler in Bezug auf die Spannschnüre ausmachen. Die Federspannkraft war richtig eingestellt.

HINTERGRUND

Der Fachbetrieb hatte beim Aufziehen der Spannschnüre und des Markisenstoffes Fehler begangen. Bei den Spannschnü ren führten die Monteure ungleichmäßige Anfangsumdrehungen an den Seiltrommeln durch: links eine Umdrehung, rechts zwei Umdrehungen. Dies ergibt sich auch aus den unterschiedlichen Abständen des Ausfallprofils am unteren Punkt der Führungsschienen: links 25 Millimeter und rechts 15 Milli meter. Somit läuft das Tuch schräg zur Gesamt an la ge. Durch diesen Schräglauf hat sich im rechten Teil der Win tergartenmarkise die Magnetkralle des Markisenstoffes gelöst.

LÖSUNG

Um eine fachgerechte Mängelbeseitigung durchzuführen, müssen die Seile entspannt und neu aufgezogen werden. Die Spannschnüre müssen sich mit gleicher Umwicklung auf der Seilrolle befinden, damit die Aufwicklung gleichmäßig erfolgt. In diesem Zuge ist die Magnetkralle wieder in das Nutrohr einzuhängen. Die Endlagen sind gegebenenfalls neu einzustellen. Die Kosten dafür veranschlagt der Sachverständige mit 192 Euro netto.