Schadensfall 10/2014 Der Wind, das gar nicht himmlische Kind

Lassen Sie sich nicht von der Vermutung eines Kunden über eine fehlerhafte Montage nach einem Schadensfall ins Boxhorn jagen. Manchmal schlägt höhere Gewalt zu und verursacht einen Schaden trotz eingehaltener Normen und des korrekten Stands der Technik.

Der Fachbetrieb hatte die Markise korrekt nach Herstellervorgaben montiert. - © Müller

Der Kunde im vorliegenden Fall hatte sich für eine neue Markise entschieden, weil er mehr Komfort, Funktion und ein neues Tuch haben wollte. Er gab die Montage des neuen Modells bei einem Fachhandwerker in Auftrag. Der Fachmann installierte die Gelenkarmmarkise bei seinem Auftraggeber und sah die Leistung als erledigt an. Damit hatte er sich allerdings gründlich getäuscht. Der Kunde stand kurze Zeit später wieder im Laden.

Schadensbild
Wenige Wochen nach der Montage waren die Konsolen weggebrochen und die An lage auf die Terrasse gestürzt. Bei Begut achtung handelte es sich um einen Totalschaden. Der Kunde behauptete, dass der Betrieb die Markise nicht fachgerecht, sondern mit zwei zu kleinen Konsolen montiert hatte. Dadurch seien die Halterungen schon bei leichtem
Wind gebrochen und die Markise deshalb abgestürzt. Der Auftraggeber er öffnete einen Rechtsstreit gegen den Handwerker wegen einer angeblich fehlerhaften Montage und insgesamt mangelhafter Leistung. Taktisch ungeschickt hatte der ausführende Betrieb dem Kunden weder die Gebrauchs anleitung noch die Konfomitätsunterlagen übergeben.

Schadensanalyse
Was war eigentlich genau passiert und warum landete die neue Markise schon nach kurzer Zeit da, wo sie nicht hingehört? Der Gutachter stellte fest, dass der Betrieb die Markisen -
anlage mit einer ausreichenden Zahl an Originalkonsolen montiert hatte. Der Hersteller hatte das Produkt nach DIN EN 1932 in die Windwiderstandsklasse 2 eingestuft und die Konformität erklärt. Also musste sich der Experte auf die Suche nach einem anderen Grund ma chen und fand eine mögliche Lösung. Am Tag des Schadensfalls hatte die
nächstgelegene Station des Deutschen Wetterdienstes Windböen mit einer Spitzengeschwindigkeit von bis zu neun Beaufort, also Sturmstärke gemessen. Das entspricht einem Wind - druck von zirka 270 N/m2 und erreicht damit fast das Vierfache des zulässigen Wind drucks nach der Windwiderstands klasse 2 des Produkts von 70 N/m2. Diese Wind stärke hatte also die Konsolen brechen lassen und den Schaden ausgelöst.

Hintergrund
Die Richtlinien zur technischen Beratung, zum Verkauf und zur Montage von Gelenkarmmarkisen des ITRS (Industrieverband Technische Textilien – Rollladen – Sonnenschutz) beschreiben das richtige Verhalten für einen solchen Fall: „Bedienungs- und Wartungsanleitung werden dem Kunden oder einem Berechtigten übergeben, wobei der Monteur auf die sicherheitstechnischen Besonderheiten und die Funktionserhaltung bei bestimmungsgemäßer Nutzung der Markise hinweist.“

Lösung
Im vorliegenden Fall hatte der Fachbetrieb die Anlage sichtbar korrekt in der Betonplatte verankert. Sowohl einen Dübelbruch als auch sonstige untergrundbedingte Mängel schloss der Gutachter unmittelbar aus. Zum Schluss klärte sich der Fall zu Gunsten des Hand werkers, weil sich kein fachlicher Mangel ergeben hatte.