So minimieren Handwerker ihre Ausfallrisiken Darum bieten Abschlagszahlungen mehr Sicherheit

Die mit Handwerkern geschlossenen Verträge sind zumeist Werkverträge, bei denen der Vertragsgegenstand erst noch hergestellt werden muss. Oft handelt es sich dabei um Werke größeren Umfangs und längerer Herstellungsdauer, die für den Betrieb im Vorfeld mit hohen Kosten verbunden sind. Abhilfe können Abschlagszahlungen leisten.

Recht auf Abschlagszahlungen
"Ihr Recht auf Abschlagszahlungen kennen und nutzen leider immer noch viel zu wenige Handwerker", sagt Bernd Drumann, Geschäftsführer der Bremer Inkasso GmbH. - © Bremer Inkasso GmbH

Handwerker sind bei Werkverträgen grundsätzlich zur Vorleistung verpflichtet. Bei großen Aufträgen birgt diese Verpflichtung jedoch enorme Risiken. Schon seit 2000 gibt es gesetzliche Vorschriften, die ihm das Recht zugestehen, Abschlagszahlungen zu verlangen – auch ohne gesonderte vertragliche Vereinbarung. Mittels Forderungssicherungsgesetz (FoSiG), welches ab 2009 zum Tragen kam, wurden diese Regelungen deutlich erweitert. "Ihr Recht auf Abschlagszahlungen kennen und nutzen leider immer noch viel zu wenige Handwerker. Dabei brachte gerade die letzte Neufassung des § 632a BGB aus 2018 in Bezug weitere Vereinfachungen, Abschlagzahlungen geltend zu machen. Wer die Regeln bzw. Voraussetzungen kennt und beachtet, kann die Risiken bei großen Aufträgen enorm mindern", sagt Bernd Drumann, Geschäftsführer der Bremer Inkasso GmbH.

Liquidität sichern, Risiko mindern

Der Freude des Handwerkers über einen Großauftrag folge nicht selten schnell die ernüchternde Feststellung, für die benötigten Baustoffe und die Kosten der Arbeitsleistung in Vorleistung gehen zu müssen, und das lässt die eigene Liquidität hinterfragen. "Durch Abschlagszahlungen kann ein Handwerker die ggf. drohende Gefahr der eigenen Insolvenz mindern und darüber hinaus liquide bleiben", erläutert er. "Falls ein Auftraggeber zahlungsunfähig werden sollte, können Abschlagszahlungen den Handwerker u. U. sogar vor dem Totalverlust seiner Forderung bewahren. Auf Abschlagszahlungen sollte man daher nicht verzichten."

Zahlungen schriftlich vereinbaren

Abschlagszahlungen müssen laut Drumann nicht extra vertraglich geregelt werden. Sie können ohne vertragliche Vereinbarung verlangt werden. Dafür müssen die Bedingungen erfüllt sein und der Vertrag darf Abschlagszahlungen nicht explizit ausschließen. In § 632a BGB heißt es in Abs. 1 Satz 1: "Der Unternehmer kann von dem Besteller eine Abschlagszahlung in Höhe des Wertes der von ihm erbrachten und nach dem Vertrag geschuldeten Leistungen verlangen."

Um jedoch Missverständnissen vorzubeugen und Klarheit für beide Seiten zu schaffen, sei es dennoch ratsam, schriftlich festzuhalten, wann und in welcher Höhe eine Abschlagzahlung zu erfolgen habe. Ein zeitlicher Anhaltspunkt könne z. B. die Anlieferung von benötigten Materialien sein. "Wer weiß, wann er wie viel zu zahlen oder zu bekommen hat, kann seine Finanzplanung vorausschauender und sicherer betreiben. Ein Gewinn für beide Seiten", so der Experte.

Nicht einfach irgendeine Summe verlangen

Die Höhe der Abschlagszahlung soll sich – wenn nichts anderes vereinbart wurde – gemäß § 632a BGB Abs. 1 Satz 1 nach der erbrachten und vertraglich vereinbarten Leistung richten. Hier gelte die Wertfestsetzung der Leistung. Die erbrachte Leistung sei vom Auftragnehmer in einer Aufstellung so nachzuweisen, dass der Auftraggeber dies sicher und schnell nachvollziehen und beurteilen kann.

Gemäß § 632a Abs. 1 Satz 6 BGB dürfen Abschlagszahlungen auch gefordert werden ‚[…] für erforderliche Stoffe oder Bauteile, die angeliefert oder eigens angefertigt und bereitgestellt sind, wenn dem Besteller nach seiner Wahl Eigentum an den Stoffen oder Bauteilen übertragen oder entsprechende Sicherheit hierfür geleistet wird. In der Regel werde einem Auftraggeber spätestens dann Eigentum z. B. an einem Bauteil übertragen, wenn dies in seinem Werk verbaut wurde. Ansonsten könne z. B. eine Bankbürgschaft eine geleistete Sicherheit sein.

Abschlagsrechnung in jedem Fall wichtig

Sollte ein Auftraggeber eine Abschlagsrechnung bekommen und feststellen, dass die vertraglich vereinbarte Leistung nicht ordnungsgemäß erbracht wurde, könne er nach Fälligkeit der Abschlagsrechnung einen angemessenen Teil des Abschlags so lange zurückbehalten, bis die vereinbarte Leistung ordnungsgemäß erbracht wurde (§ 632a Abs. 1 Satz 2 BGB: Sind die erbrachten Leistungen nicht vertragsgemäß, kann der Besteller die Zahlung eines angemessenen Teils des Abschlags verweigern.). Der besagte angemessene Teil des Abschlags betrage nach § 641 Abs. 3 BGB in der Regel höchstens das Doppelte der für die Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten und die Fälligkeit einer Abschlagsrechnung sei normalerweise sofort gegeben, sobald diese samt einer Aufstellung über die erbrachten Leistungen den Auftraggeber erreiche. Die Beweislast für die ordnungsgemäß erbrachte vereinbarte Leistung liege bis zur Abnahme beim Auftragnehmer.

Abschlagszahlung bedingt keine Abnahme

Ein Recht auf Abnahme besteht nach dem BGB grundsätzlich erst dann, wenn das Werk abnahmefähig und reif ist. Einen gesetzlichen Anspruch auf eine Teilabnahme sieht § 640 BGB nicht vor; etwas Abweichendes müsste (etwa durch Vereinbarung der VOB/B) vereinbart werden. Bei einer Teilleistung ist es nicht wirklich möglich, Rückschlüsse darauf zu ziehen, ob das in Auftrag gegebene Werk letztendlich insgesamt gemäß den vertraglichen Vereinbarungen auch wirklich fertiggestellt werden wird. Ein Recht auf Abnahme durch den Auftraggeber besteht für den Handwerker nur für ein vertragsgemäß hergestelltes Werk. Und auf dieses Recht sollte unbedingt bestanden werden, denn im Umkehrschluss ist der Auftraggeber gesetzlich zur Abnahme verpflichtet. Es handelt sich also nicht um eine ‚good will‘ Aktion.

Auch wenn es kein Recht auf Abnahme einer Teilleistung oder eine Verpflichtung dazu gebe, helfe es beiden Seiten, während des Entstehungsprozesses im Gespräch zu bleiben. Begutachtet man gemeinsam bereits hergestellte Teile, können eventuelle Unstimmigkeiten oder Missverständnisse schneller aus dem Weg geräumt und zeitliche Verzögerungen vermieden werden. Auch hier ein Gewinn für beide Seiten.

Abschlagsrechnungen unbedingt anmahnen

"Auch Abschlagsrechnungen sind Rechnungen, die, sollte der Auftraggeber darauf nicht reagieren, angemahnt werden sollten", so Drumann. Zahle der Auftraggeber trotzdem nicht, sollte man sich umgehend an einen Rechtsdienstleister wenden. Erfolge auch dann keine Zahlung, sollte dem Auftraggeber in Absprache mit dem Rechtsdienstleister, eine Kündigungsandrohung mit einer letzten Zahlungsfrist zugehen – eine zwingende Notwendigkeit für die Gültigkeit einer Schlussrechnungsstellung. Eine Kündigung führe zum Ende des Vertragsverhältnisses. Das wiederum bedeute, dass die Leistungen abgerechnet werden dürfen, die bis zu diesem Zeitpunkt erbracht worden seien (ggf. zuzüglich einer angemessenen Entschädigung). Dies erfolge in Form der Schlussrechnung.

Abschlagsforderungen vor Schlussrechnungsstellung realisieren

Ist laut dem Geschäftaführer eine Schlussrechnung erst einmal erstellt, können Ansprüche aus offenen Abschlagsrechnungen gerichtlich nicht mehr gesondert geltend gemacht werden, da die Schlussrechnung generell vorgeht. Es sei zudem unbedingt darauf zu achten, dass die noch offenen Beträge aus Abschlagsrechnungen nicht von der Schlussrechnungssumme abgezogen werden, sondern nur die tatsächlich geleisteten Abschläge.

Ein Recht, das man nutzen sollte

"Abschlagszahlungen können helfen, Forderungsverluste zu vermeiden und liquide zu bleiben. Daher sollten Handwerker unbedingt von ihrem Recht auf Abschlagszahlungen Gebrauch machen", rät der Experte. "Was man hat, hat man, denn auch Auftraggeber können u. U. in finanzielle Nöte geraten." Neben der Nutzung von Rechten, die gesetzlich festgelegt sind, seien auch gute individuelle Geschäftsbedingungen, auf deren Grundlage man alle Vertragsabschlüsse zur Erbringung von Lieferungen und Leistungen tätigt, eine unabdingbare Absicherung für jeden Unternehmer.