Schadensfall 6/2018 Bedenken anmelden, Risiken vermeiden

Öffentliche Wohnungsbaugesellschaften müssen Geld sparen, auch bei der Sanierung ihres Bestands. Im vorliegenden Fall rächte sich dies, als zwar die Fenster ausgetauscht wurden, aber nicht der alte Rollladenpanzer.

Die neuen Einlauftrichter aus PVC waren bereits kurz nach der Montage abgerissen. Die nicht arretierten Profilstäbe waren gegeneinander verschoben. - © Rinn

Eine Kleinstadt hatte an einer ihrer vermieteten Immobilien neue Kunststofffenster anbringen lassen. Dabei wurden die Rollladenführungen aus Metall durch PVC-Profile ersetzt. Die Führungen aus Kunststoff erhielten Einlauftrichter, ebenfalls aus PVC, die oben in die Profile eingeklebt waren. Nicht ersetzen ließ die Wohnungsbaugesellschaft dagegen die alte (Holz-)Welle und vor allem nicht den Rollladenpanzer selbst – der sei ja „noch gut“ gewesen.

SCHADENSBILD

Einige Zeit nach der Fenstersanierung funktionierte der Rollladen nicht mehr. Die Einlauftrichter waren beidseitig abgerissen und lagen lose im Rollladenkasten. Die Einschubprofile des Rollladens waren gegeneinander verschoben und liefen nicht mehr in die Führungsschienen hinein. Der Mieter meldete das Problem seinem Vermieter. Dieser machte eine unsachgemäße Bedienung als Ursache für die Fehlfunktion des Rollladens aus und verlangte vom Mieter, den Schaden beheben zu lassen. Es kam zum Rechtsstreit.

SCHADENSANALYSE

Der hinzugezogene Sachverständige stellte im Gutachten fest, dass den Mieter keine Schuld traf. Die Ursache für den Schaden lag vielmehr darin, dass der alte Rollladen zu
schwer war, wodurch zu hohe Lasten auf die – lediglich eingeklebten – Kunststoff-Spritzgussteile der Führungsschienen-Einlauftrichter einwirkten. Noch dazu waren die Führungen etwas zu lang, was zu weiteren unnötigen Lastabtragungen führte.

Was sich bei der Begutachtung noch herausstellte: Die Einschubprofile waren nicht gegen Verschieben arretiert. Ob das Abreißen der Einlauftrichter dadurch begünstigt wurde, dass sich einzelne Stäbe verschoben hatten, oder ob sich diese erst verschoben, als der Trichter bereits abgerissen war, ließ sich im Nachhinein nicht mehr feststellen. Jedenfalls konnte der Rollladen wegen der fehlenden Trichter irgendwann gar nicht mehr in die Führungsschienen hineinlaufen und begann im Stabverbund sowie an der Profilaußenseite bereits zu reißen.

HINTERGRUND

Der alte Rollladenpanzer war zum Zeitpunkt der Sanierung bereits zirka 35 Jahre alt. Dabei geben die branchenüblichen Tabellen zur Ermittlung des Zeitwertes bei manuell bedienten Anlagen im Wohnbereich die durchschnittliche Lebensdauer eines Rollladens mit zehn bis 15 Jahren an. Im geschilderten Fall handelte es sich um nicht arretierte Kunststoff-Einschubprofile der allerersten Generation – noch dazu mit einem erheblichen Gewicht, der Rollladen war zirka 250 Zentimeter breit und 150 Zentimeter hoch. Das Alter des Rollladens, auch wenn es sich um richtig dickwandige Qualität handelte, begünstigte das Reißen der Stabverbindung.

LÖSUNG

Der Fehler war es von Anfang an, den alten Rollladen beizubehalten. Auch wenn die Erfahrung lehrt, dass Produkte viel länger halten können als prognostiziert, so liegt
dennoch ein Planungs- bzw. Beratungsfehler vor, wenn bei einer Komplettsanierung ausgerechnet das billigste und zugleich fragilste Bauteil nicht erneuert wird. Auftraggeber und ausführendes Unternehmen müssen die Schuldfrage unter sich klären.