Nachruf Trauer um Johann Bohnert

Am 1. Januar 2025 verstarb Johann Bohnert im Alter von 93 Jahren. Mit seinem Wirken hat er die Sicht- und Sonnenschutzbranche entscheidend geprägt – unter anderem als Gründungsmitglied des Bundesverbands Rollladen und Sonnenschutz (BVRS) und Wegbereiter der Kunststofftechnologie zur Fertigung von Fenstern und Rollläden.

Mit 93 Jahren ist der Schreiner- und Rollladenbaumeister Johann Bohnert verstorben. - © privat

Johann (Hans) Bohnert wurde am 20. März 1931 im serbischen Tschonoplia geboren. Die deutschstämmige Familie der so genannten Donauschwaben wurde 1944 aus ihrer Heimat vertrieben. Ihre Flucht endete nach Kriegsende in Ober-Roden bei Frankfurt, wo sie einen Schreinereibetrieb aufbaute. Bald entstand daraus ein erfolgreiches Fenster- und Rollladenbauunternehmen. Bohnert absolvierte die Meisterprüfung im Schreiner- und im Rollladenbauhandwerk, hielt mehrere Patente und machte sich als Mitbegründer der heutigen Kunststoff-Fenstertechnologie einen Namen.

Bohnert war stets auf der Suche nach technischen Innovationen, die sich in seinem Betrieb umsetzen ließen. So erkannte er die Vorteile des Fertig-Rollladenkastens und suchte sich Hersteller als Partner, die mit ihm gemeinsam neue Ideen in die Praxis umsetzten. Zu diesem Zweck war er u.a. Mitbegründer der Wirus-Gruppe, einer frühen Ausführung des später als ERFA-Gruppe bekannt gewordenen überregionalen Erfahrungsaustausches. Die Gruppe entwickelte damals völlig neuartige Produkte zur Marktreife und führte diese in den Markt ein.

Kunststofffenster und -rollläden zur Marktreife entwickelt

Als sich in den späten 1960er Jahren Kunststoff als Werkstoff für Bauprodukte seinen Weg bahnte, wurden Fenster- und Rollladenprofile aus "Plastik" von den klassischen Holz- und Metallverarbeitern abgelehnt. Wie einige andere Rollladenbauer auch, erkannte Bohnert schnell die Vorteile, die diese Werkstoffe in Hinblick auf Verarbeitbarkeit, Pflegeleichtigkeit und Haltbarkeit boten und warf sich erneut mit voller Kraft in die Weiterentwicklung und Anwendung der neuen Technologie. Er verstand es, seine Kunden von den Eigenschaften dieses noch unbekannten Materials zu überzeugen und setzte es zum Wachstum seines Unternehmens ein. Wie so oft, war er seiner Zeit voraus, als er den Einfluss von Kunststofffenstern auf die Wärmedämmung im Bauwesen erkannte und weiterentwickelte. Mit Partnern in Industrie, Handwerk und Wissenschaft feilte er jahrzehntelang an Profilformen, Materialeigenschaften und Fertigungstechnologien von Kunststofffenstern und -rollläden. Eine Vielzahl von Patenten und Gebrauchsmustern zeugt von seiner Innovationskraft.

Mit der Ölkrise in den 1970er Jahren und dem steigenden Bedürfnis nach Energieeinsparung nahm auch sein Unternehmen eine positive Entwicklung, die zwangsläufig die Notwendigkeit nach Rationalisierung und effizienter Datenverarbeitung nach sich zog. Wieder stürzte sich Bohnert in ein neues Abenteuer und wurde zum Pionier der Einführung von Computern in seiner Branche. In einer Zeit, als selbst einfachste Computer noch ganze Häuser füllten, war er maßgeblich an der Entwicklung von Software, namentlich des Branchenprogramms Rollbau, beteiligt.

Herausragendes Engagement für das Ehrenamt

Früh schloss sich Bohnert der hessischen Innung der Rollladenbauer an und wurde zum stellvertretenden Obermeister. Im Jahr 1961 war er Gründungsmitglied des BVRS in Wiesbaden. Als Obermeister der hessischen Innung war Bohnert jahrelang Mitglied im Gesamtvorstand des BVRS und danach Delegierter für seine Innung. Er agierte über Jahrzehnte als Sprecher des betriebswirtschaftlichen Ausschusses, wo er sich für die Vollkosten-Stundensatzkalkulation und die Plankostenrechnung stark machte. Diese Art der Betriebsführung propagierte er über einen langen Zeitraum in allen Innungen, was ihm den Spitznamen Bundeskalkulator eintrug. Er war wesentlich an der Errichtung des Meisterprüfungsausschusses bei der Handwerkskammer Wiesbaden beteiligt und gehörte diesem über viele Jahre an. Zugleich wirkte er beim Aufbau von Meisterkursen in anderen Städten aktiv mit. Auf Grundlage seiner eigenen Erfahrungen war er immer wieder an Forschungen und Entwicklungen, z.B. beim ift in Rosenheim oder der Stiftung Warentest in Berlin, zu Themen wie Wärme- und Schallschutz beteiligt und trug hierdurch zu heute gültigen Erkenntnissen und Standards bei.

Schwiegersohn Friedrich Karl Rinn führt sein Lebenswerk weiter

Mit 64 Jahren entschied Bohnert, sich aus seinem Berufsleben und stufenweise aus den Ehrenämtern zu verabschieden. Er verfolgte aber immer aufmerksam die Geschicke der Branche, nicht zuletzt, da sein Schwiegersohn Friedrich Karl Rinn, Geschäftsführer von Securiteam, in der gleichen Branche tätig ist und in vielerlei Hinsicht sein Lebenswerk weiterführt. Bis zuletzt blieb er auch aktiver Computernutzer und hat seine Geschäfte, namentlich die Vermietung seiner ehemaligen Geschäftsgebäude und seine Steuererklärung, selbst erledigt. Auch wenn das hohe Alter allmählich körperliche Tribut forderte, so durfte er im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte am ersten Tag des neuen Jahres friedlich für immer einschlafen.