Die neue Kassettenmarkise verschattet schlechter als die alte Anlage. Um diesem Vorwurf der Bauherren auf den Grund zu gehen, setzte der vom Gericht beauftragte Sachverständige auch ein Schattensimulationstool ein.

Ein Ehepaar hatte einen R+S-Fachbetrieb beauftragt, den Wintergarten seines Einfamilienhauses mit einer neuen Markise auszustatten. Der Begeisterung über die neue Verschattung folgte nach Abschluss der Arbeiten jedoch sehr schnell Ernüchterung. Die Auftraggeber beklagten sich, dass die an der Hauswand installierte Kassettenmarkise den Wintergarten nicht so umfassend beschatte wie die alte Anlage. Zudem bleibe die Markise beim Ein- und Ausfahren am Balkon hängen, wodurch der Stoff Falten werfe.
Da mit dem ausführenden Betrieb keine Einigung über die reklamierten Mängel zu erzielen war, landete der Fall vor Gericht. Der hinzugezogene Sachverständige sollte klären, inwieweit der Beschattungsgrad der neuen Markise von dem der alten Markise abweicht und was es mit den Problemen beim Ein- und Ausfahren auf sich hat.
Vor-Ort-Termin: Maße der alten und neuen Markise im Vergleich
Beim Ortstermin stellte der Sachverständige fest, dass die installierte Markisenanlage einen Ausfall von 3.000 Millimeter und eine Gesamtbreite von 3.920 Millimeter hat. Die Breite des Markisentuchs beträgt 3.665 Millimeter. Das Problem: Der Wintergarten ist 4.000 Millimeter breit. Im Gesamtmaß ist die angebrachte Kassettenmarkise folglich um 80 Millimeter zu schmal, mit Blick auf den Markisenstoff fehlen weitere 255 Millimeter. In anderen Worten: Der 4.000 Millimeter breite Wintergarten ist lediglich auf einer Breite von 3.665 Millimeter beschattet. Dadurch kommt es dem Sachverständigen zufolge zu Schlagschatten am Glas des Wintergartens.
Die alte Markise hatte vorliegenden Dokumenten zufolge die Maße von 3.000 mal 4.000 Millimeter, wobei nach Rückfrage beim Hersteller 80 Millimeter abgezogen werden müssen, um die Breite des Markisentuchs zu bestimmen. Der Stoff war demzufolge 3.920 Millimeter breit und verschattete den Wintergarten nahezu vollständig.
Analyse: Schattensimulation bringt Klarheit
Auf Basis der festgestellten Daten nutzte der Sachverständige das Softwaretool Schattensimulator von Warema, um für beide Markisen die Schattenbildung im Jahresverlauf zu analysieren. Aufgrund der Einbaurichtung in 155 Grad Südost ermittelte er die Werte jeweils für den Sonnenstand um 11 Uhr am 1. und 15. eines jeden Monats.
Die Ergebnisse bestätigten die Vermutung der Bauherren: Durch das Differenzmaß von 255 Millimeter mit Blick auf das Markisentuch beschattet die neue Markise den Wintergarten nicht so umfassend wie die alte Anlage (siehe Bild Beispielsimulation). Während bei der alten Markise durch das Stoffmaß von 3.920 Millimeter nur 80 Millimeter fehlten, um den Wintergarten vollständig zu verschatten, fehlen bei der neuen Anlage 335 Millimeter, um dieses Ziel zu erreichen.
Warum der Markisenstoff Falten wirft
Und was hat es mit den Problemen beim Ein- und Ausfahren der neuen Markise auf sich? Der Sachverständige stellte beim Ortstermin fest, dass das Ausfallprofil der Kassettenmarkise an der von außen gesehen rechten Seite an der Zinkverkleidung des daneben befindlichen Balkons hängen bleibt, wodurch Beschädigungen sowohl an der Markise als auch an der Verkleidung auftreten.
In seinem Gutachten hielt der Experte fest, dass sich die Abdeckkappe am Ausfallprofil bereits gelöst hatte und zu Boden gefallen war. Davon abgesehen verschiebt sich der Markisenstoff durch das Hängenbleiben, so dass er Falten wirft und sich beim Einfahren der Markise Wellen bilden.
Einschätzung
Marc Hochmuth ist ö.b.u.v. Sachverständiger der HWK Mannheim für das Rollladen- und Jalousiebauerhandwerk.
Eine gute Planung ist das A und O. Da die Markise bereits ohne Abzugsmaße für den Stoff schmaler ist als der Wintergarten, hätte das ausführende Unternehmen ahnen können, dass keine vollständige Verschattung gegeben ist. Der Einsatz eines Tools für die Schattensimulation hätte aus dem Verdacht eine Gewissheit gemacht. Dass die Markise beim Ein- und Ausfahren hängen bleibt, zeugt ebenfalls nicht von einer gewissenhaft ausgeführten Arbeit.