Mit rund 100 Teilnehmern war die Jahrestagung des Verbands innenliegender Sicht- und Sonnenschutz (ViS) am 26. und 27. September in Dortmund gut besucht. Auf dem Programm stand neben verbandsinternen Themen sowie dem Blick auf die aktuelle wirtschaftliche Lage der Branche auch ein Impulsvortrag über künstliche Intelligenz.

Zum Auftakt begrüßte Ingo Fahl, Vorstandsvorsitzender des ViS, Mitglieder und Gäste – und hieß zugleich die beiden neuen ViS-Mitglieder Alumar und Anwis im Verband herzlich willkommen. Durch das Programm führte ViS-Geschäftsführer Martin Auerbach. Schlusspunkt der Tagung bildete die Keynote von Dr. Eldar Sultanow. Der KI-Experte hielt ein Plädoyer für künstliche Intelligenz und zeigte auf, wie es gelingt, die Welt damit zu einem besseren Ort zu machen. Am Abend besichtigten die Gäste das Deutsche Fußballmuseum. Dort fand anschließend auch das Get-Together in ausgelassener Stimmung statt.
2024: Immer noch kein Back to normal
Die Ausnahmesituation dauert laut Auerbach an: Seit der Corona-Pandemie stünden gerade KMU vor einer nicht endenden Abfolge von Krisen. Auf die Belastungen durch Pandemie, Energiekrise und steigende Rohstoffkosten folgten seit 2022 Inflation und steigende Finanzierungskosten. Für das produzierende Gewerbe bedeute dies nicht nur steigende Produktionskosten, sondern auch eine zunehmende Zurückhaltung der Verbraucher – und somit Absatzrückgänge bei den Unternehmen.
Ein weiteres Problem ist dem ViS-Geschäftsführer zufolge auch der Fachkräftemangel, der sich seit der Pandemie verschärft habe. Dieser Engpass hemme nicht nur das Wachstum, sondern bremse auch dringend notwendige Innovationsprojekte, wie die Umstellung auf nachhaltige Produktionsprozesse oder die Einführung digitaler Technologien.
Kreislaufwirtschaft und Klimaziele: Zukunftsprojekt gerät ins Stocken
Nicht zuletzt droht laut Auerbach auch das ViS-Zukunftsprojekt "Kreislaufwirtschaft und Klimaziele" ins Stocken zu geraten. Die EU und die Bundesregierung stecken auf der einen Seite ehrgeizige Klimaziele und erwarten von den Unternehmen, ihre CO2-Bilanz zu verbessern und nachhaltiger zu wirtschaften. Auf der anderen Seite scheinen politische Maßnahmen zur Umsetzung der Transformation nur im Schneckentempo voranzugehen.
"Ein Back to Normal ist definitiv noch immer nicht zu verzeichnen", bedauerte er. "Vielmehr befinden wir uns in einer andauernden Phase des neuen Normals, in der sich auch die Mitgliedsunternehmen des ViS von einer Krise zur nächsten hangeln und den immer neuen Herausforderungen stellen müssen."
Marktlage: stabiles Umsatzergebnis ist trügerisch
Das Umsatzergebnis für den maßgefertigten innenliegenden Sicht- und Sonnenschutz ist im ersten Halbjahr 2024 gegenüber dem Vorjahreszeitraum unverändert geblieben, was jedoch maßgeblich dem deutlichen Umsatzplus um rund ein Viertel beim Insektenschutz zu verdanken ist. Dagegen verbucht der Objektbereich vor allem bei den Flächenvorhängen massive Einbrüche (-43,9 Prozent). Auch die dominierende Produktgruppe der Plissees verzeichnet rückläufige Umsätze (-5,6 Prozent), während Wabenplissees ein Umsatzplus von 2,9 Prozent erzielen.
Bei den Marktanteilen der Produktgruppen in der Maßkonfektion gibt es wie schon im Vorjahr keine großen Verschiebungen. Die Plissees haben ihre Position als umsatzstärkste Fraktion leicht ausgebaut (+2,7 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr). Auch der Insektenschutz hat mit einem Plus von 1,5 Prozentpunkten seine Position gefestigt und bildet damit das zweitgrößte Marktsegment nach den (Waben-) Plissees. Gefolgt von Rollos, die bei den Umsatzanteilen jedoch gegen-über 2023 gut 2 Prozentpunkte verloren haben.
ViS-Umfrage: So bewerten Mitglieder die konjunkturelle Lage
Die diesjährige ViS-Umfrage zeigt: Das Jahr 2023 war auch für die ViS-Mitglieder ein weiteres Jahr im Ausnahmezustand. An der Umfrage nahmen insgesamt 41 Unternehmen teil, darunter 24 Hersteller und 17 Zulieferer. Hinsichtlich der gedämpften konjunkturellen Lage beurteilt gut die Hälfte der Befragten auch die Umsatzaussichten für das zweite Halbjahr 2024 als eher schlecht (51,2 Prozent). Immerhin 46,3 Prozent der Umfrageteilnehmer sind optimistischer und bewerten die Aussichten als eher gut oder gut. Als schlecht schätzen nur 2,4 Prozent die Perspektiven für das zweie Halbjahr 2024 ein.
Die Tatsache, dass 59 Prozent der Umfrageteilnehmer angeben, Investitionen im laufenden Geschäftsjahr wie geplant umsetzen zu wollen, ist zunächst erfreulich. Doch 29 Prozent wollen ihre Investitionen zumindest eher vorsichtig angehen und immer noch zwölf Prozent beabsichtigen, geplante Investitionen zurückzustellen. Das belegt die zuvor beschriebene angespannte Lage und die hohe Verunsicherung, die bei vielen Unternehmen vorherrscht.
Die Beschäftigtenzahl der teilnehmenden Unternehmen zeigt, dass kleine und mittlere Unternehmen das Gros der Mitglieder ausmachen. Gemessen an diesem Wert finden sich demnach im ViS sieben Prozent Kleinstunternehmen, 44 Prozent kleine und 27 Prozent mittlere Unternehmen (definitionsgemäß ist für diese Einteilung allerdings neben der Zahl der Beschäftigten auch der Umsatz maßgeblich).
In Bezug auf die Beschäftigungslage schätzt die Mehrheit der Befragten die Perspektiven für das zweite im Vergleich zum ersten Halbjahr 2024 eher schlecht ein. Aus dem Befragungskonzept geht jedoch nicht hervor, ob die Unternehmen hierbei an einen drohenden Stellenabbau aufgrund der schlechten Wirtschaftslage oder aber im Gegenteil an Personalmangel aufgrund des Fachkräftemangel denken.
Bei der Frage nach den aktuell größten Herausforderungen für die befragten Unternehmen lag die aktuelle Kaufzurückhaltung der Konsumenten mit 32 Prozent der Nennungen vorne, gefolgt von Preissteigerungen (23,3 Prozent) und dem Arbeitskräftemangel (21,4 Prozent).
ViS-Verbandsarbeit: Themen und Projekte
Die Überarbeitung des Standardlehrbuchs für die Branche Sicht- und Sonnenschutz – Verbindung von Design und Funktion befindet sich auf der Zielgeraden. Auf der Jahrestagung wurde das neue Cover vorgestellt. Die inhaltlichen Aktualisierungen hat die Projektgruppe inzwischen zu einem Großteil abgeschlossen, sodass nun die Produktion der Neuauflage bevorsteht.
Ein weiteres großes Thema ist die Transformation zur Kreislaufwirtschaft: Obwohl außer Zweifel steht, dass dieser Prozess alternativlos ist, fehlt es an der nötigen Klarheit und Planungssicherheit, um den Wandel in die Unternehmensstrategie zu integrieren. So ist die Umsetzung von Gesetzen, wie der europäischen Ökodesign-Verordnung (Ecodesign for Sustainable Products Regulation, ESPR), seit dem 18. Juli in Kraft, langwierig und schwerfällig. Zudem fehlt es seit dem Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) Ende 2020 an Rechtsverordnungen für die praktische Umsetzung. Auch die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS), deren Entwurf das Bundesumweltministerium am 18. Juni vorgelegt hat, macht bislang wenig Hoffnung, dass sich daran zügig etwas ändert. Hier setzt das Netzwerk ReNewTex an, das der ViS zusammen mit seinen Partnerverbänden Heimtex und Matratzenverband betreibt. Es unterstützt Unternehmen dabei, selbst (pro-) aktiv zu werden. Nach Abschluss der ersten Arbeitsphase mit Projektgruppen zu Schwerpunkten (Circular Design, zirkuläre Geschäftsmodelle, erweiterte Herstellerverantwortung) haben sich im Juni Pilotgruppen zu verschiedenen Produkten/Branchen zusammengefunden – das sind neben der Plissee-Gruppe auch textile Bodenbeläge und Schlafen.
