Baukrise als Chance für Kreativität Hella Architektur Club geht in die dritte Runde

Die Bauindustrie befindet sich in der größten Krise seit Jahrzehnten. Steigende Baukosten, hohe Zinsen und verschärfte Umweltauflagen beeinflussen, wie Architekten und Planer ihre Projekte konzipieren und umsetzen. Über den Balanceakt zwischen Kreativität und Kostenexplosionen diskutierten die Experten beim dritten Hella Architektur Club am 17. Januar.

Von links: Christoph M. Achammer (ATP architekten), Thomas Winkler (UBM Development), Hella-Chef Andreas Kraler, Rainer Nowak (Kronen Zeitung), Daniel Riedl (Vonovia). - © Hella

Der Hella Architektur Club ist ein Forum für Vernetzung, Austausch und Inspiration für Architekten, Developer und Fachmedien. Beim dritten Event der Veranstaltungsreihe diskutierten Prof. Christoph M. Achammer, Vorstandsvorsitzender ATP architekten ingenieure, Daniel Riedl, Vorstandsmitglied Vonovia, und Mag. Thomas Winkler, CEO UBM Development, über die aktuelle Krise in der Bauwirtschaft und deren Auswirkungen auf die Architektur. Der Einladung zu dem Experten-Talk im Vienna Ballhaus waren rund 60 Gäste gefolgt.

Mehr standardisieren und modularisieren

Achammer zeigte sich in seinem Eingangsstatement überzeugt, dass die Baukrise keinesfalls eine Kreativitätskrise nach sich ziehe – im Gegenteil: "Die Krise ist eine große Chance für unsere Branche, die seit 100 Jahren mit 30 bis 50 Prozent Verschwendung arbeitet. Enge ökonomische Rahmenbedingungen führen nicht zu weniger kreativen Projekten, sondern bringen vielmehr innovativere Produkte hervor."

Dem stimmte auch Winkler von UBM zu: "Es gibt seit 100 Jahren den Prototypen-Bau. Wir müssten viel mehr standardisieren und modularisieren, statt immer nur zu improvisieren." Einbußen bei der Kreativität oder Ästhetik sieht auch er nicht: "Es schauen auch nicht alle Autos gleich aus, nur weil sie seriell gefertigt sind. Standardisierung und Modularisierung sind von entscheidender Bedeutung, wenn es darum geht, Kosten zu reduzieren und Prozesse zu beschleunigen", so Winkler. "Wir alle streben danach, etwas Schönes zu schaffen – aber das muss nicht unbedingt teuer sein."

Grundrisse effizienter gestalten

Daniel Riedl von Vonovia verwies beim Thema Kostendruck vor allem auf den Bereich Wohnbau und plädierte dafür, Grundrisse effizienter zu gestalten und dafür wieder mehr gemeinschaftlich nutzbare Flächen anzudenken. "Durch durchdachte Grundrisse können Kosten für Wohnungen deutlich reduziert werden. Gleichzeitig fördern gemeinschaftlich nutzbare Flächen den Social Community-Gedanken und tragen dazu bei, Gemeinschaften innerhalb eines Hauses oder Viertels zu stärken", sagte er.

Moderator Rainer Nowak, Ressortleiter Wirtschaft, Innen- und Außenpolitik Kronen Zeitung, befragte die Expertenrunde auch zu neuen Entwicklungen in Sachen Digitalisierung sowie zu aktuellen Anforderungen im Bereich Nachhaltigkeit. Beim Thema Digitalisierung sahen alle Diskutanten deutliche Luft nach oben in der Branche, während Nachhaltigkeit in der Strategie vieler Unternehmen inzwischen fest verankert ist. "Ein Objekt, das nicht ESG-konform ist, wird in zehn Jahren nicht mehr werthaltig sein", so Winkler.

Andreas Kraler, geschäftsführender Gesellschafter der Hella-Gruppe, zeigte sich erfreut über die spannende Diskussion und die rege Publikumsbeteiligung bei der anschließenden Fragerunde: "Austausch fördert Kreativität und zeigt neue Blickwinkel auf. Gerade in herausfordernden Zeiten ist der regelmäßige Dialog immens wichtig, um gemeinsam Lösungen zu entwickeln und den Weg zu ebnen für die Zeit nach der Krise – und die kommt bestimmt."