Schadensfall 7-8/23 Betrieb macht alles richtig, Kunde steht dennoch im Regen

Wenn es zu regnen beginnt, kurbelt ein Ehepaar eine Stütze seiner Pergolamarkise nach unten – so wie es in der Bedienungsanleitung beschrieben ist. Bei leichtem Regen fließt das Wasser jedoch nur langsam ab. Hat der Fachbetrieb die Anlage nicht richtig montiert?

Durch eine erhebliche Wasseransammlung hängt das Tuch deutlich durch. Wassertropfen bilden sich auf der Unterseite. Ein Schmutzrand weiter oben am Tuch lässt darauf schließen, dass sich bereits in der Vergangenheit eine große Wassermenge auf dem Tuch angesammelt hatte.
Durch eine erhebliche Wasseransammlung hängt das Tuch deutlich durch. Wassertropfen bilden sich auf der Unterseite. Ein Schmutzrand weiter oben am Tuch lässt darauf schließen, dass sich bereits in der Vergangenheit eine große Wassermenge auf dem Tuch angesammelt hatte. - © Driesen

Ein Ehepaar hatte seine Terrasse von einem Fachbetrieb mit einer Pergolamarkise ausstatten lassen. Wie vom Hersteller vorgesehen, nutzen die Eheleute die Anlage nicht nur als Sonnen-, sondern auch als Regenschutz. Das führte jedoch zu Problemen. Die Bauherren bemängeln, dass sich Regenwasser im Tuch sammle und nicht ablaufe. Aufgrund der entstandenen Wassersäcke hänge das Tuch mittlerweile durch. Dabei habe man die Markise vor Regenbeginn immer einseitig abgesenkt, wie in der Anleitung beschrieben.

Da der ausführende Betrieb den Fehler auch nicht bei sich sah, landete der Fall vor Gericht. Der hinzugezogene Sachverständige sollte die Mängel begutachten. Beim Vor-Ort-Termin war die Markisenanlage abgesenkt und zirka zur Hälfte ausgefahren, wobei das Tuch von außen gesehen im rechten Bereich deutlich durchhing. Auf der Tuchunterseite bildeten sich Wassertropfen. Ursache hierfür war eine erhebliche Wasseransammlung. Nach Auskunft des Ehepaars bestand dieser Zustand seit zirka einem Monat. Man habe ihn so belassen, um die Wassersackbildung vorführen zu können.

Verformungen durch Wasserlast

Nachdem dieser Zustand dokumentiert war, drückten der Sachverständige und seine Helfer die Wassermassen mithilfe zweier Besen vom Tuch und fuhren die rechte Führungsschiene in die höchste Position, um weitere Untersuchungen vorzunehmen. So prüfte der Sachverständige ­etwa, ob der Betrieb die Markise in Breite und Diagonale maßhaltig montiert hat. Das Ergebnis: Die Diagonalen sind gleich lang, bei der Breite gibt es zwischen vorne und hinten eine Abweichung von 1,8 Zentimeter. Mögliche Gründe für diese geringe Differenz sind dem Sachverständigen zufolge eine nicht maßhaltige Montage und/oder das hohe Wassergewicht auf dem Tuch sowie daraus resultierende Verformungen an der Konstruktion.

Durch die Wasserlast dürfte sich auch die rechte Führungsschiene verbogen haben. In Kastennähe maß der Sachverständige einen Neigungswinkel von 7,3 Grad, an deren Ende einen Winkel von 6,3 Grad. Die linke Führung hatte einen durchgängigen Neigungswinkel von 7,4 Grad.

Neigungswinkel der Führungsschienen: Mindestvorgabe mehr als erfüllt

Wie schräg die Führungsschienen genau verlaufen, war für den Sachverständigen von besonderem Interesse. Der Markisenhersteller schreibt nämlich vor, dass die Führungen in einem Neigungswinkel von mindestens vier Grad montiert sein müssen. Ferner habe der Benutzer bei auftretendem Regen die rechte Stütze über die Höhenverstellung nach unten zu kurbeln, um einen kontrollierten Wasserablauf sicherzustellen.

Im vorliegenden Fall hatte der ausführende Betrieb die Mindestvorgabe des Herstellers mehr als erfüllt, erst recht in Kombination mit der Absenkung. Vor diesem Hintergrund ist die Markisenanlage dem Sachverständigen zufolge als fachgerecht eingebaut anzusehen. Dennoch kam es zu Problemen beim Wasserablauf: Schmutzspuren, die der Sachverständige am Tuch entdeckte, lassen darauf schließen, dass es in der Vergangenheit bereits mehrmals zu Wasseransammlungen auf dem Tuch gekommen war. Das Tuch selbst weist deutliche Verformungen und Ausbauchungen auf. Eine fachgerechte Nutzung ist nicht mehr möglich.

Tuchimprägnierung fast nicht mehr ­vorhanden

Bei einem simulierten Regentest – bei komplett ausgefahrener und einseitig abgesenkter Markise – stellte der Sachverständige fest, dass das Wasser im Bereich des trockenen Tuchs schnelllaufend abperlt. Dort ist die Tuchimprägnierung noch vorhanden. Im Bereich des nassen, ausgebeulten Tuchs, wo sich der Wassersack befand, fließt das Wasser jedoch nur eingeschränkt ab. Das dürfte dem Sachverständigen zufolge an der dort fast nicht mehr vorhandenen Tuchimprägnierung liegen.

Seine Zusammenfassung der vorgefundenen Schäden: Aufgrund der Wassersackbildung und des daraus resultierenden hohen Gewichts ist das Markisentuch verformt und dauerhaft verzogen. Des Weiteren ist die Tuchimprägnierung in diesem Bereich stark beeinträchtigt. Verformungen an der Konstruktion selbst könnten ebenfalls durch die hohe Wasserlast verursacht sein.

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    Die von außen gesehen rechte Führungsschiene der Pergolamarkise biegt sich durch. Das Foto dokumentiert die Situation mit vorhandenem Wassersack und bei heruntergefahrener Stütze.
    © Driesen
    Die von außen gesehen rechte Führungsschiene der Pergolamarkise biegt sich durch. Das Foto dokumentiert die Situation mit vorhandenem Wassersack und bei heruntergefahrener Stütze.
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    Mithilfe zweiter Besen drückten der Sachverständige und seine Helfer die Wassermassen vom Tuch.
    © Driesen
    Mithilfe zweiter Besen drückten der Sachverständige und seine Helfer die Wassermassen vom Tuch.
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    Blick von oben auf das Markisentuch: Wo der Wassersack war, ist nun ein nasser, ausgebeulter Bereich sichtbar. Die Imprägnierung ist dort nahezu nicht mehr vorhanden. Rechts sind weitere, bereits ältere Schmutzspuren zu erkennen.
    © Driesen
    Blick von oben auf das Markisentuch: Wo der Wassersack war, ist nun ein nasser, ausgebeulter Bereich sichtbar. Die Imprägnierung ist dort nahezu nicht mehr vorhanden. Rechts sind weitere, bereits ältere Schmutzspuren zu erkennen.
Helmut Driesen ist von der Handwerkskammer Düsseldorf öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Rollladen- und Jalousiebauerhandwerk.
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Einschätzung

Helmut Driesen ist von der Handwerkskammer Düsseldorf öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Rollladen- und Jalousiebauerhandwerk.

Ein ärgerlicher Fall. Der ausführende Betrieb hat die Anlage fachgerecht montiert, dennoch kann der Kunde sie nicht wie gewünscht nutzen. Aus meiner Sicht hat die Markise zu wenig Neigung, auch wenn die Vorgaben des Herstellers erfüllt sind.