Schadensfall 9-22 Kontrollieren Sie angelieferte Ware immer auf Mängel

Wenn das eingebaute Produkt nicht wie gewünscht funktioniert, muss nicht immer ein Einbaufehler die Ursache sein. Im vorliegenden Fall blieben die Lamellen der neuen Aluminium-Rollläden bei Nutzung ineinander hängen – ein Produktionsfehler.

Am Rollladen im Erdgeschoss ist an der siebten Lamelle von oben der Lack am Profil abgeplatzt

Ein Ehepaar hatte einen Fensterbaubetrieb beauftragt, sein Einfamilienhaus mit neuen Fenstern und Rollläden auszustatten. Als Rollläden verbaute das Unternehmen Vorbauelemente eines bekannten Herstellers – Panzer, Führungsschienen und Kästen in Aluminium ausgeführt. Die Anlagen sind motorisiert, die Steuerung erfolgt über Funk-Wandsender.

Mangel: Lamellen bleiben ineinander hängen

Nach Abschluss der Arbeiten bemängelten die Auftraggeber, dass bei Nutzung der verbauten Aluminium-Rollläden die Lamellen zusammenbleiben, wie ineinander verklebt. Sie sahen darin einen technischen Mangel, den der Betrieb durch einen nicht fachgerechten Einbau verursacht habe. Das ausführende Unternehmen wies jede Schuld von sich. Am Ende trafen sich beide Parteien vor Gericht – ein Sachverständiger wurde hinzugezogen, um den Sachverhalt zu klären.

Beim Vor-Ort-Termin zeigte der Hauseigentümer dem Sachverständigen zunächst ein Video, in welchem die Auffahrt der Rollläden im Erdgeschoss, im ersten Obergeschoss sowie im Dachgeschoss zu sehen war. Anschließend machte sich der Fachmann sein eigenes Bild.

Schadensbild I: Erdgeschoss

Im Wohnzimmer im Erdgeschoss sind nebeneinander zwei Vorbaurollläden mit jeweils eigenem Motor verbaut. Beim Hochfahren der Panzer war ein lautes Geräusch der einzelnen Aluminiumstäbe zu vernehmen. Beim Blick von außen stellte der Sachverständige fest, dass jeweils an der siebten Lamelle von oben der Lack am Aluminiumprofil abgeplatzt ist. Zudem waren an den Lamellen darüber und darunter Abdrücke der schwarzen Aufhängefedern sichtbar, über welche der Rollladenpanzer mit der Antriebswelle verbunden ist.

Darüber hinaus hielt der Sachverständige in seinem Gutachten fest, dass der Einstand der Rollladenprofile in die Führungsschienen nur fünf Millimeter beträgt. Zu wenig. Der Rollladen könnte bei Wind nach außen gedrückt werden. Platz wäre in den Führungsschienen ausreichend gewesen, noch zirka 20 Millimeter auf beiden Seiten.

Schadensbild II: Erstes Obergeschoss

Im Kinderzimmer im ersten Obergeschoss sind zwei Vorbaurollläden eingebaut. Rechts, von innen gesehen, verrichtete ein Kunststoff-Rollladen unauffällig seine Arbeit. Am linken Alu-Element waren dagegen die gleichen Geräusche zu vernehmen wie an der Doppelanlage im Erdgeschoss. Auch die Abdrücke waren ähnlich – um den Rollladen von außen begutachten zu können, setzte der Sachverständige bei diesem Element eine Drohne ein.

Schadensbild III: Dachgeschoss

Beim Alu-Rollladen an der Schlafzimmertür zur Terrasse im Dachgeschoss waren bereits beim Herunterfahren Geräusche von den einzelnen Lamellen zu hören. Beim Hochfahren gingen zahlreiche Lamellen – ein Viertel des Panzers – erst auseinander, nachdem die obere Endlage zu zirka 80 Prozent erreicht war. Zudem ist auch an diesem Rollladen der Lack an der siebten Lamelle von oben abgeplatzt und an den benachbarten Lamellen waren Abdrücke der Aufhängefedern erkennbar. Abschließend begutachtete der Sachverständige den Rollladen an der Schlafzimmer-Gaube. Hier ging ein Viertel der Lamellen erst auseinander, nachdem die obere Endlage zu zirka 60 Prozent erreicht war.

Schadensanalyse und Lösung

Bei allen begutachteten Aluminium-Rollläden ist das gleiche Verhalten erkennbar: Die Rollladenstäbe verkleben ineinander. Dem Schadensbild liegt dem Sachverständigen zufolge kein Einbaufehler zugrunde, vielmehr ist die Ursache produktseitig zu suchen, und zwar im verwendeten Aluminiumband, das bei der Herstellung des Rollladenprofils zum Einsatz kam. Der Produktmangel bestand demnach bereits zum Zeitpunkt des Einbaus. Alle betroffenen Rollläden müssen ausgebaut und durch neue ersetzt werden. Als Kosten veranschlagt der Sachverständige hierfür zirka 4.000 Euro brutto.

Auf der sicheren Seite

Dass ein Hersteller ein mangelhaftes Produkt liefert, kann immer passieren. Wichtig ist, wie der Fachbetrieb als Käufer damit umgeht. Damit er Gewährleistungsansprüche gegenüber seinem Lieferanten geltend machen kann, muss er vor allen Dingen seinen Pflichten nach § 377 HGB nachkommen. Hier geht es um die sog. Untersuchungs- und Rügeobliegenheit des Käufers. Ein offenkundiger Mangel ist unverzüglich nach der Warenanlieferung zu rügen.

Zeigt sich ein Mangel erst später, muss die Anzeige unverzüglich nach der Entdeckung gemacht werden. In diesem Zusammenhang interessant: Wird ein Mangel erst nach der Montage offenbar, hat der Lieferant im Rahmen der Nacherfüllung nach § 439 BGB (3) die Kosten für den Aus- und Einbau zu tragen.