Interview mit Frank Reisenauer von Shadesign Reisenauer: "Wir wollen das dritte Marktsegment werden."

Jahrelang stellte Shadesign Markisen her. Seit dem Frühjahr 2022 ist das Geschichte. Das Unternehmen konzentriert sich künftig auf drei Produktsegmente. Geschäftsführer Frank Reisenauer über die Neuausrichtung des Portfolios und den Geschäftsalltag in Zeiten rasant steigender Kosten für Material und Energie.

Frank Reisenauer ist Geschäftsführer von Shadesign in Brückmühl bei Rosenheim. - © Shadesign

sicht+sonnenschutz: Im Frühjahr hat Shadesign die Markisenfertigung eingestellt, die viele Jahre zum Portfolio gehörte. In einer Pressemitteilung heißt es, Shadesign wolle sich künftig auf bestimmte Produkte konzentrieren. Welche sind das und was bedeutet der Schritt für die weitere Unternehmensentwicklung?

Reisenauer: Wir wollen uns künftig fokussieren auf drei Säulen. An erster Stelle steht Shade, unser rollbares Sonnensegel. Die zweite Säule ist die technische Tuchkonfektion inkl. den Bereich Zip-Tücher. Das klassische Segel in allen möglichen Formen ist unser drittes Standbein.

sicht+sonnenschutz: Das rollbare Sonnensegel Shade ist ein Alleinstellungsmerkmal des Unternehmens. Es wurde hier im Haus entwickelt und ist patentiert. Hier im Raum sehe ich Urkunden mit Patentrechten für die USA, Australien, China und weitere Länder.

Reisenauer: Wir haben dieses Jahr im Februar genau zehn Jahre bestehende Patente gehabt. Shade ist eine Entwicklung von Peter Lang. Ihm war es wichtig, seine Idee zu schützen.

sicht+sonnenschutz: Sie wollen sich auf Shade konzentrieren, was heißt das genau? Durch den Wegfall der Markisen steht ja mehr Platz für die Shade-Produktion zur Verfügung, nehme ich an.

Reisenauer: Wir wollen das dritte Marktsegment werden. Es gibt die klassische Markise mit allem was dazugehört. Es gibt den Sonnenschirm in allen Variationen. Unser Shade soll dieses dritte Marktsegment werden. Es ist natürlich nicht einfach, wenn man organisch wächst. Wir sind ein inhabergeführtes Unternehmen ohne fremde Investoren. Mein Credo heißt zehn Tage Lieferzeit. Das heißt, die Großen fressen nicht immer die Kleinen, sondern die Schnellen fressen die Langsamen. Das setzen wir in der täglichen Arbeit um. Wir sind ein kleinerer Hersteller, sozusagen eine Manufaktur für den Fachhandel. Wir müssen uns absetzen. Insbesondere unter den aktuellen Umständen.

sicht+sonnenschutz: Können Sie zurzeit die kurze Lieferzeit einhalten? Seit dem Vorjahr gibt es Lieferengpässe in vielen Bereichen, sei es Elektronik, sei es Metall und Kunststoff.

Reisenauer: Tatsächlich liefern wir in zehn bis maximal 14 Tagen aus. Wir haben unsere gesamten Möglichkeiten in das Lager investiert und Stoffe und Metalle in großer Menge eingekauft. Das kommt uns jetzt zugute. Bei uns kriegen sie innerhalb von 24 Stunden die Auftragsbestätigung. Das war alles in der Vergangenheit etwas langsamer. Wir wollen uns präsentieren als schneller, verlässlicher Partner für den Fachhandel.

sicht+sonnenschutz: Wie viel Platz haben Sie gewonnen durch den Verzicht auf Markisen?

Reisenauer: Wir haben begrenzte Flächen hier am Standort und der klassische Markisenbau brauchte sehr viel Raum. Den nutzen wir jetzt als Lagerplatz für Stoffe, Metalle und vorgefertigte Shade-Komponenten.

sicht+sonnenschutz: Gewerbeflächen sind sehr knapp im Raum Rosenheim und Umgebung. Unweit von Shadesign ist der Rollladen- und Sonnenschutzhersteller Folgner ansässig. Weil das Unternehmen in der Region kein passendes Grundstück fand, baute man in Rheinland-Pfalz einen neuen Standort auf.

Reisenauer: Oberbayern ist sicher eine der schönsten, aber sehr wohl auch die bundesweit teuerste Region, in der Unternehmen produzieren können. Wir haben im angrenzenden Ausland noch eine Niederlassung, wo Hauptsache Tücher konfektioniert werden. Das hilft uns dann schon. Aber wir müssten eigentlich hier in Bruckmühl mehr Platz haben. Wir sind mit einem Nachbarn in Verhandlung, dass wir noch mal 1.500 Quadratmeter Fläche dazubekommen.

sicht+sonnenschutz: Welche Ziele verfolgen Sie langfristig?

Reisenauer: Im Moment ist es so, dass wir nur einen geringen Anteil am großen Markisenmarkt in der DACH-Region haben. Da wollen wir definitiv wachsen. In den letzten vier Jahren hatten wir jedes Jahr zweistellige Wachstumsraten. Aber wir kommen natürlich auch von einem relativ kleinen Bedarf her. Es ist sehr erfreulich zu sehen, dass es immer mehr angenommen wird. Wir haben den Test mit einigen Händlern gemacht. Die haben den Interessenten die klassische Markise gezeigt und als Alternative unser Shade-Segel. Von zehn Interessenten reagierten drei bis vier überaus positiv. Gerade junge Leute fanden es ansprechend. Einfach cool. Bei Architekten ist es groß in Mode. Die wollen etwas Filigranes haben. Kassettenmarkisen mit 25 Zentimeter hohen Profilen an der Wand, das ist schon schwierig bei den heutigen Fassaden.

sicht+sonnenschutz: Wie sieht die Befestigung bei Shade aus?

Reisenauer: Wir haben eine Führungsschiene bzw. Einzelkonsolen wandseitig, wo das Segel montiert wird. Wenn die Welle davorhängt, dann beträgt die Abmessung maximal 15 Zentimeter. Sehr filigran. Das gilt bis zur maximalen Größe von sechs mal sechs Meter, also 36 Quadratmetern. Es ist wirklich ein stylisches Produkt. Ein Fachhändler in Wien hat jetzt einen zweiten Showroom eröffnet, in dem er nur unser System zeigt.

sicht+sonnenschutz: Der deutsche Markisenmarkt ist nicht einfach. Die Marktanteile sind verteilt.

Reisenauer: Knapp 200.000 Markisen werden pro Jahr im Fachhandel hergestellt und vertrieben. Unser Ziel ist es, mittelfristig einen Anteil von fünf Prozent zu erreichen, also jährlich 10.000 Anlagen. Da sind wir auf einem guten Weg.

sicht+sonnenschutz: Können Sie eine Größenordnung nennen?

Reisenauer: Aktuell erreichen wir eine Stückzahl im niedrigen vierstelligen Bereich. Es ist für uns nicht immer leicht, im Vergleich zu den Großen wahrgenommen zu werden. Wenn ein Endanwender zu unseren Fachhändlern in die Ausstellung kommt, dann fragt er in der Regel nach einer Markise, weil er Schatten möchte. Vielen ist ja gar nicht bewusst, dass es etwas anderes gibt als eine Markise.

sicht+sonnenschutz: Shade wird in der Regel mit Handkurbel dient. Haben Sie auch einen Motorantrieb für das Produkt?

Reisenauer: Ja, aber der wird gerade überarbeitet. Bis 2021 hatten wir eine Motorvision; aber ein großes Handicap war die Geschwindigkeit des Motors. Aber es ist auch nicht so einfach wie bei der klassischen Markise. Da gibt es die Welle an der Wand hinten und ich kann von dort Strom holen für den Motor. Bei uns fällt das weg, weil die Welle nicht fest an der Wand montiert ist. Ergo muss die Stromversorgung der Welle folgen. Wie gesagt, es ist nicht so einfach.

sicht+sonnenschutz: Heißt?

Reisenauer: Wir arbeiten bis jetzt mit einem Akkusystem. Aber es hat sich gezeigt, dass wir das verbessern müssen. Jetzt arbeiten wir mit einem Antrieb, der dreimal so schnell ist wie der bisherige Antrieb. Noch sind nicht alle Schwierigkeiten ausgeräumt. Wir arbeiten mit Hochdruck an dieser Lösung. Das ist der nächste Step, was wir zeigen möchten. Ein Shade-Segel, das ab Werk mit einem klassischen Funkmotor ausgestattet wird.

sicht+sonnenschutz: Sie wollen mehr Marktanteile holen, was heißt das genau? Wie sehen Sie das Wachstumspotential für Shade?

Reisenauer: Im Gastrobereich wollen wir in Zukunft mehr machen. Wir entwickeln mobile Fundamente, wie man sie beispielsweise in der Fußgängerzone braucht. Dort kann der Gastronom in der Regel keine Fundamente im Boden versenken. So etwas muss mobil sein, damit es schnell weggeräumt werden kann. Es gibt Märkte, die man mit so mobilen Fundamenten zusätzlich angehen kann.

sicht+sonnenschutz: Zum Beispiel?

Reisenauer: Im Bereich Caravaning zum Beispiel. Unser Produkt ist sehr geeignet für diesen Bereich. Ob das mobile ­Homes, Tiny-Häuser oder Container sind, die teilweise dann als Wohnraum genutzt werden. Da gibt es so viele Möglichkeiten, unser System einzusetzen.

sicht+sonnenschutz: Die Pandemie hat die globalen Lieferketten durcheinandergebracht, mit Folgen für Preise und Lieferzeiten. Zeitgleich erreichte die Nachfrage nach Sonnenschutz in Deutschland und Europa Rekordniveau. Wie hat Shadesign den Boom erlebt?

Reisenauer: Wir hatten 2021 und 2022 jeweils das beste Jahr der Firmengeschichte. Das ist das Positive. Das Negative ist sicherlich, dass wir für das gleiche Material immens mehr bezahlen mussten und müssen. Der Ukrainekrieg trägt auch dazu bei. Er hat uns hart getroffen. Einer unserer Alu-Profillieferanten bezog Bolzen aus Russland. Inzwischen haben wir eine Alternative gefunden. Aber die ist deutlich teurer. Bereits 2021 waren wir gezwungen, aufgrund der vielen Preiserhöhungen für Alu, Stoffe oder Verpackungsmaterial unsere Preise unterjährig anzupassen. Zum Jahresbeginn 2022 haben wir erneut erhöhen müssen. Stoffe sind zweistellig teuer geworden!

sicht+sonnenschutz: Viele Unternehmen haben die Produktivität erhöht, um die Mehrkosten wettzumachen. Das Weitergeben der Kosten an Kunden war in der Regel erst der zweite oder dritte Schritt.

Reisenauer: Bei uns auch. Wir haben drei Sondermaschinen in Auftrag gegeben, die sie klassischerweise so nicht bekommen, weil unser Shade-Tuch in der Herstellung Besonderheiten hat. Das kann ich mit den klassischen Schweiß- und Nähautomaten nicht darstellen. Das Gleiche haben wir bei den Wellen gemacht. Unterm Strich haben wir deutlich mehr investiert als in den Vorjahren. Trotzdem waren wir in diesem Jahr gezwungen, unterjährig erneut die Preise anpassen.

sicht+sonnenschutz: Das geht nicht ewig so weiter. ­Irgendwann bricht die Nachfrage ein.

Reisenauer: Sie sagen es. Der Endkunde ist derjenige, der es kaufen muss. Und wenn die Anlagen so teuer werden, dann überlegt er zweimal, ob er was Neues kauft. Oder er tauscht das alte Tuch nochmal aus. Das ist tatsächlich eine Herausforderung für alle Marktteilnehmer. Wir suchen zurzeit nach Alternativen.

sicht+sonnenschutz: Was könnte das sein?

Reisenauer: Schwer zu sagen. Unsere Marktbegleiter haben bereits vieles versucht, sei es das Streichen von alten Vereinbarungen, sei es Preiserhöhung, sei es das Streichen der Skonto-Gewährung größer zwei Prozent. Shadesign ist bislang sehr offen mit dem Thema umgegangen. Wir haben bislang nie das weitergegeben, was wir hätten weitergeben müssen.

sicht+sonnenschutz: Sind Preiserhöhungen auf der Endkundenseite ausgeschlossen, ist der Handel der Leidtragende. Denn die Hersteller müssen ihre Mehrkosten irgendwie erwirtschaften.

Reisenauer: Richtig. Dann müssen die Rabatte angepasst werden. Aber, es gibt ja teilweise sehr große Margen für unseren Fachhandel. Die Internet-Händler machen es vor, die haben wenige, meist einstellige, Prozent Margen. Klar, da geht es über Masse. Da hat ein Fachhändler schon deutlich mehr. Sicherlich, er hat andere Kosten als ein Online-Händler. Aber dennoch: Man kann es nur zusammen schaffen. Shadesign hat sich dem B2B-Markt verschrieben. Das heißt wir können nur mit dem Fachhandel einen Weg finden. Über Wachstum können beide Seiten profitieren. Dazu werden wir Ende des Jahres ein neues Sales-Konzept 2.3 für den Fachhandel vorstellen.