Exklusivinterview mit Dieter Fuchs, Geschäftsführer Becker-Antriebe „Unsere Partner müssen ,Ja’ sagen können“

Dieter Fuchs (61) ist Geschäftsführer des Branchenunternehmens Becker-Antriebe; unter dem Motto „Gemeinsam einfacher“ stellt der Spezialist für automatisierte Rollläden und Sonnenschutz auf der R+T in Halle 7 an Stand A12 das automatisierte Haus in den Mittelpunkt.

Voll konzentrierter Zuversicht, gespeist aus der Entschlossenheit, die positive Entwicklung von Becker-Antriebe 2015 fortzusetzen: So hat sich Dieter Fuchs beim Exklusivinterview für die große Messeausgabe von sicht+sonnenschutz in Frankfurt präsentiert - © Kober

sicht+sonnenschutz: Herr Fuchs, bei Ihrem Messeauftritt dreht sich vieles um die Hausautomation. Warum lohnen sich für die Betriebe die Beschäftigung damit und Investitionen in die Ausstellung und das fachliche Know-how ihrer Mitarbeiter?

F uchs: Die Antwort ist ein neues Geschäftsfeld, das sich unseren Betrieben mit der Automatisierung erschließt, übrigens in einer beträchtlichen Bandbreite. Da sind betagtere Herrschaften, die sagen: Ich komme einigermaßen zurecht mit den Standardprodukten, möchte den Komfort, der mit einer Gebäudesteuerung verbunden ist, und vielleicht auch – offen gesprochen – ein wenig mit der dazugehörigen Zentrale angeben; mit dem Internet wollen die vielleicht weniger in Berührung kommen. Und dann gibt es die wachsende Gruppe der Jüngeren, die Interesse an der Haussteuerung haben. Die sagen: Mich interessiert das nur, wenn es von unterwegs aus mit dem Handy funktioniert. Eines können wir festhalten: Das
Thema Automation wird künftig nicht an Bedeutung einbüßen. Es wird im Gegenteil immer wichtiger werden.

sicht+sonnenschutz: Würden Sie dennoch der Feststellung zustimmen, dass in der Sonnenschutzbranche derzeit zwischen den gerne gepriesenen Perspektiven und dem Status quo hinsichtlich der Marktbedeutung beim automatisierten Haus noch eine Lücke klafft? Wenn dem so ist, wie können wir alle gemeinsam diese Lücke schließen?

F uchs: Also, zum ersten Teil der Frage: Ja, das ist so, Anspruch und Wirk lichkeit passen noch nicht zusammen. Wenn Sie die reine Erlössituation Stand heute zur Beurteilung heranziehen, dann steht diese gegenwärtig nicht im richtigen Verhältnis zum Aufwand, den wir betreiben. Bei Becker haben wir aber von Anfang an auf Interoperabilität gesetzt. Damit eröffnen wir unseren Partnern im R+S-Gewerk die Option, in ihre Lösung für den Kunden Themen wie Licht, Heizung etc. zu integrieren.

sicht+sonnenschutz: Wie heißt das entsprechende Produkt von Becker-Antriebe?

F uchs: Bei uns ist das das bidirektionale Funksystem B-Tronic. Unsere zentrale Steuereinheit, die CC51, funktioniert ebenfalls mit dem unidirektionalen Funksystem Centronic.

sicht+sonnenschutz: Die Fortbildungsangebote Ihrer Becker Academy sollen dabei helfen, das Thema Hausautomation voranzubringen. Welches Ziel verfolgen Sie mit diesem Engagement vorrangig und wie bewerten Sie die Bereitschaft Ihrer Händlerpartner, sich zu informieren?

F uchs: Wir haben uns auf die Fahnen geschrieben, dass unsere Partner „Ja“ sagen können müssen, wenn sie von ihren Kunden nach Produkten und Dienstleistungen aus dem Feld der Hausautomation gefragt werden und mit deren Wünschen und Vorstellungen konfrontiert sind. Deshalb schulen wir unsere Kunden nicht nur auf unsere Produkte, sondern trainieren mit ihnen die entscheidenden Argumente im Verkauf. Alleine im vergangenen Jahr haben wir mehr als 1.000 Fachhandelspartner an der Becker Academy in Sinn dafür qualifiziert. Was die Bereitschaft zur Fortbildung angeht, so ist diese bei unseren Partnern erfreulich hoch. Für 2015 bleibt das Thema auf der Agenda und soll – mit einer baulichen Erweiterung und einer permanenten Ausstellung – eine weitere Professionalisierung erfahren. Uns selbst geben die Schulungen Gelegenheit, ganz direktes Feedback auf unsere Produktentwicklungen zu bekommen. Unsere Händler nehmen da kein Blatt vor den Mund.

sicht+sonnenschutz: Können Sie ein konkretes Beispiel nennen?

F uchs: Natürlich. Wir haben vor ein paar Jahren mal gedacht, wir könnten uns die Sende-LEDs sparen. Das sind die Lampen, die aufleuchten, wenn der Endkunde seinen Handsender bedient. Das haben uns die Partnerbetriebe ganz schnell ausgeredet. Denn ohne die LED hat der Kunde weder die gewünschte Bestätigung, dass sein Befehl ausgeführt wird, noch Kontrolle, etwa was den Ladezustand der Batterie anbelangt. Unsere neu entwickelten Produkte haben deshalb alle die LED.

sicht+sonnenschutz: Was steht im Zweifel in der Forschungsabteilung von Becker im Vordergrund – die Endgebraucher-Argumentation oder Aspekte wie die Montierbarkeit?

F uchs: Der Fachhandel ist unser Mittler zum Endkundenmarkt hin, für die groß angelegte Bewerbung unserer Lösungen beim Bauherrn fehlen uns die Mittel. Daher haben wir Aspekte wie die Installation, Inbetriebnahme und Modifizierbarkeit im Fokus. Entscheidend am Ende ist aber der Nutzen für den Endgebraucher: Unsere Produkte müssen für ihn einfach im Handling bleiben und ihn mit seinen unterschiedlichen Ansprüchen überzeugen. Ein Beispiel: Natürlich gibt es ideale Szenarien, bei denen die Haussteuerung in Abhängigkeit von der Sonneneinstrahlung und Raumtemperatur den Behang selbstständig in die vermeintlich ideale Position fährt. Das nützt aber dann nichts, wenn die Frau des Hauses diese vermeintliche Idealsituation subjektiv bspw. als zu hell empfindet. Dann muss sie das schnell per Knopfdruck ändern können, sonst haben wir es nicht gut gemacht. Das wiederum ist im Interesse unserer Händler, weil die sonst angerufen werden und das System neu einstellen müssen.

sicht+sonnenschutz: Angenommen, der R+S-Spezialist erkennt für sich die Chancen des Themas HomeAutomation. Was denken Sie, aufgrund welcher Kriterien entscheidet sich der Betriebsinhaber zwischen den fünf, sechs namhaften Lieferanten? Wo sieht sich Becker in diesem Markt positioniert, im Hinblick auf den Marktanteil in Deutschland und das Produktsegment?

F uchs: Zunächst haben Sie recht, die angesprochene Handvoll Wettbewerber ist genau wie wir mit guten Produkten und einer guten Mannschaft unterwegs. Auch wenn ich schon denke, dass wir mit unseren acht Außendienstlern, mit denen wir in Deutschland flächendeckend vertreten sind, und mit dem nachgelagerten Service und Innendienst ein enormes Maß an Kundenbetreuung bieten. Darüber hinaus sehe ich es als unsere Stärke an, dass wir mit einem hohen personellen Aufwand – von 210 Beschäftigten in Deutschland
sind 20 in der Entwicklung tätig – neben der Belieferung des Fachhandels eng mit industriellen Herstellern von Trägerprodukten zusammenarbeiten. So können wir jederzeit auf die Bedürfnisse unserer industriellen Partner und so auch auf die Bedürfnisse der Fachhändler eingehen. Mit unserem KNXFunkstandard setzen wir sehr stark auf Interoperabilität und bieten Lösungen, die mit den Anwendungen solch bedeutender Partner wie Hager oder Siemens kompatibel sind.

sicht+sonnenschutz: Mit dem Sponsoring der Hammerwerferin Kathrin Klaas wollen Sie, zumindest regional, die Marke Becker-Antriebe beim Endgebraucher stärken. Wenn die Rechnung aufgeht und Häuslebauer den Fachhändler nach Ihren Produkten fragen: Was müssen Sie tun, um gerade im Hinblick auf das vernetzte Haus Ihre Vertriebspartner so vorzubereiten, dass dieser Erfolg beim Bekanntheitsgrad nicht verpufft?

F uchs: Nein, mit Endverbraucher-Marketing hat das nichts zu tun. Natürlich würden auch wir gerne Push-Effekte erzielen, indem wir die Marke beim Privatkunden etablieren und so Impulse Richtung Fachhandel auslösen. Aber da darf man sich nichts vormachen, wir sind ein zu 100 Prozent in Familienbesitz befindlicher Mittelständler und verfügen nicht über die für solche Massenmarkt-Kampagnen erforderlichen Mittel. Endkunden sprechen wir im Wesentlichen mit unserem Internetauftritt direkt an. Bei unserem Engagement, was die von Ihnen genannte Leichtathletin angeht, ist die Motivation eine andere. Das hat zum einen mit der Verwurzelung von Becker zu tun, Kathrin Klaas kommt aus der Region. Zum anderen spielt viel eher das Thema Employer Branding eine Rolle, weil wir uns gerade angesichts der Identifikation mit unserer Herkunft über unsere Attraktivität als Arbeitgeber Gedanken
machen – und vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung machen müssen. So haben wir z.B. außerdem die Patenschaft für einen benachbarten Kindergarten übernommen, den wir dauerhaft und konzeptionell unterstützen. Gleiches gilt für unsere Aktivitäten in dualen Studiengängen.

sicht+sonnenschutz: An Ihrem Messestand in Stuttgart, so haben Sie es angekündigt, haben Fachbesucher Gelegenheit, die erforderlichen „Arbeitsschritte, um Automatisierungsszenarien selbstständig zu programmieren, im Praxistest zu erlernen“. Was heißt das genau?

F uchs: Also, ich möchte noch nicht alles verraten, aber die Kunden – in Deutschland sind das ca. 2.500 kaufende Händler, von denen ich nicht hoffe (lacht), dass alle gleichzeitig auf den Stand kommen – erleben in unserer Ausstellung anschaulich in einem stilisierten Haus, welche Aspekte des Gebäudemanagements sie mit unseren Produkten abdecken. Dabei ist es uns wichtig, dass die von Ihnen angesprochenen Szenarien genauso programmiert werden können, wie dies am Ende beim Auftraggeber erfolgt. Diese modellhaften Situationen umfassen nicht nur das Heimkommen, das Fernsehen oder das Verlassen des Hauses; darüber hinaus geht es bei uns um einen stilisierten Notfall, einen Brand oder Ähnliches.

sicht+sonnenschutz: Gibt es Überlegungen, wie die Führungsriege nach Ihrem Ausscheiden einmal aussehen könnte? Welche Entwicklung verzeichnet Becker seit der zurückliegenden R+T vor drei Jahren und wie ist das Thema Home-Automation seither vorangekommen?

F uchs: Sicher muss ich mich mit solchen Fragestellungen beschäftigen. Becker-Antriebe ist zu 100 Prozent in Besitz der Familie Wiegelmann, Hans-Joachim Wiegelmann ist im Handelsregister als geschäftsführender Gesellschafter eingetragen. Den operativen Teil der Geschäftsführung erledige ich und möchte dies auch noch ein paar Jahre tun. Wir bleiben ein selbstständiges Familienunternehmen. Managementfragen klären wir im Dialog zwischen Gesellschaftern, Geschäftsleitung und einem sehr qualifizierten Beirat, das ist ein gut funktionierendes System. Gleiches gilt für die Aspekte einer Nachfolgeregelung. Seit der R+T 2012 war das Auslandsgeschäft in Märkten wie Griechenland, Spanien, Portugal,
wo wir durchaus stabile Umsätze verzeichnet hatten, durch die gesamtwirtschaftliche Situation negativ beeinflusst. Heute liegt unser Exportanteil bei 40 Prozent, wobei wir Niederlas -
sungen in Spanien, Frankreich, Benelux, Tschechien und der Türkei unterhalten. Vergangenes Jahr ist unser Umsatz über alle Märkte um neun Prozent auf 50 Millionen Euro gewachsen und hat sich damit besser entwickelt, als wir erwartet hatten. HomeAutomation ist wichtiger denn je, und wir als Lieferant sind gefordert, schon heute mit dem Informationsbedürfnis unserer Marktpartner Schritt zu halten.

sicht+sonnenschutz: Wie viel Prozent Ihrer Motoren und Antriebe sind komplett in Deutschland gefertigt? Wird sich dieser Prozentsatz in den nächsten Jahren maßgeblich ändern bzw. muss er sich vielleicht aus unternehmerischer Sicht mit Blick auf Produktionskosten und Deckungsbeiträge ändern? Und welche Rolle spielt Made in Germany für Ihre Kunden?

F uchs: Made in Germany ist Teil unseres Unternehmensleitbilds. Unsere Produkte konzipieren, montieren, prüfen, vermarkten und beservicen wir mit 210 Personen in Deutschland. Die Einzelteile stellen deutsche und europäische Spezialisten für uns her. Dazu gehört eine eigene Unternehmung in der Slowakei mit 75 Personen, die Statoren wickeln, also Komponenten fertigen. Der überwiegende Teil der Wertschöpfung geschieht in Sinn in Deutschland, daran wird sich für Becker-Produkte nichts ändern. Im Vordergrund stehen dabei der konzeptionelle Aspekt und die Kompetenz in der Softwareentwicklung. Uns ist wohl allen klar, dass es einzelne elektronische Bauteile nur in Asien zu kaufen gibt, weil die nirgends
anders hergestellt werden. Für unsere Kunden ist das klare Bekenntnis zum Produktionsstandort Deutschland und zu den damit verbundenen Arbeitsplätzen sehr wohl von Bedeutung.

sicht+sonnenschutz: Wo sehen Sie für sich, aber auch für die Branche und das R+S-Handwerk Wachstumsfelder? Führt da der Weg perspektivisch vielleicht in die Fassade, etwa wenn wir über im SZR positionierte Verschattungslösungen für Closed Cavity-Konstruktionen bzw. deren motorisierten Betrieb oder Integration in das Gebäudemanagement sprechen? Könnte es sein, dass an die Stelle der R+S-Fachleute zunehmend Haustechniker oder Gebäudemanager treten?

F uchs: Wir beschäftigen uns perspektivisch selbstverständlich mit allen genannten Themen. Der Schlüssel zu am Ende marktfähigen und für uns erfolgreichen Produkten ist dabei die
erwähnte gemeinsame Entwicklungsarbeit mit den Herstellern von Trägerprodukten. Unser Ziel ist es gerade nicht, die Zahl der Produkte zu reduzieren. Vielmehr geht es für uns darum, so nahe wie möglich an den Bedürfnissen unserer Kunden zu sein und durch eine intelligente Plattformstrategie in der Fertigung so viele Produkte wie möglich mit einer definierten Zahl an Komponenten herzustellen. Dass unsere Fachhändler ihres Geschäftsmodells verlustig gehen könnten, sehe ich nicht – und will ich mir auch nicht vorstellen.
Denn das Know-how von ausgezeichnet ausgebildeten und laufend weiterqualifizierten Spezialisten ist mehr denn je erforderlich, um den Trend der Hausautomation dem interessierten Endkunden zugänglich zu machen und für ihn den größtmöglichen Anwendernutzen daraus zu ziehen.

sicht+sonnenschutz: Wie unterstützen Sie Ihre Vertriebspartner auf diesem Weg?

F uchs: Unsere Partner bekommen die sehr guten Produkte von Becker, dürfen sich einer umfassenden Betreuung sicher sein und erfahren unsere Unterstützung in Aspekten des Marketings. Ich denke, am Ende entscheidet dieses Gesamtpaket über die Qualität und den Erfolg der Zusammenarbeit – für beide Seiten.

sicht+sonnenschutz: Was wünschen Sie sich für die Messe und das Kalenderjahr 2015?

F uchs: Ich bin natürlich gespannt, wie unsere Kunden auf das Standkonzept und die Präsentation ansprechen. Ich denke, es ist kein Geheimnis, dass wir alle uns natürlich über jeden neu gewonnenen Kunden freuen, dass es im Wesentlichen aber um Bestandskundenpflege geht und der Messeerfolg schon deshalb schwierig an Zahlen festzumachen ist. Für uns, und das möchte ich betonen, ist diese Bestandskundenpflege eine eminent wichtige Sache, und deshalb freuen wir uns auf Stuttgart. Was das Jahr angeht, so teile ich den gelegentlich verbreiteten Pessimismus nicht. Denn die Vorzeichen in den Auslandsmärkten sind bei Weitem nicht so negativ, wie sie teilweise dargestellt werden;
und im deutschen Markt sind die Voraussetzungen mit einem sehr niedrigen Zinsniveau und dem anhaltend guten Konsumklima weiterhin günstig.

sicht+sonnenschutz: Herr Fuchs, danke für dieses Gespräch. Reinhold Kober