Unfallquellen frühzeitig erkennen So vermeiden Sie Arbeitsunfälle

Häufig sind Arbeitsunfälle für Arbeitgeber mit schwerwiegenden Folgen verbunden. So ist mit einem langen Ausfall oder gar der Arbeitsunfähigkeit des betroffenen Arbeitnehmers zu rechnen. Ein Arbeitsschutzexperte gibt Tipps, mit denen Unternehmen Arbeitsunfälle nachhaltig vermeiden.

Stefan Ganzke ist Geschäftsführer der Wandelwerker Consulting. Das Unternehmen hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Einstellung von Führungskräften und Mitarbeitern zum Arbeitsschutz im Unternehmen zu verbessern. - © Wandelwerker Consulting

"In Unternehmen mit unzureichender Sicherheitskultur werden viele Gefahrenquellen erst sichtbar, wenn sie bereits einen Arbeitsunfall verursacht haben. Dadurch wird die Unfallprävention für die meisten Betriebe zu einer großen Hürde – mithilfe gezielter Maßnahmen können sie diese jedoch problemlos überwinden", erklärt Stefan Ganzke, Geschäftsführer der Wandelwerker Consulting.

Tipp 1: Gefährdungsbeurteilung schreiben

Mithilfe von Gefährdungsbeurteilungen lassen sich laut dem Arbeitsschutzexperten am Arbeitsplatz vorhandene Gefahren gezielt ermitteln, bewerten und entsprechende Schutzmaßnahmen ableiten – sie seien deshalb vom Arbeitsschutzgesetz vorgeschrieben. Ihre Erstellung sollten Unternehmen sowohl mit den Führungskräften und Mitarbeitern vor Ort als auch mit der Fachkraft für Arbeitssicherheit und – wenn vorhanden – dem Betriebsrat und dem Betriebsarzt durchführen. In regelmäßigen Abständen und insbesondere nach Arbeitsunfällen, Beinaheunfällen sowie Veränderungen an Prozessen und Arbeitsmitteln empfiehlt er daher, die Gefährdungsbeurteilungen zu überprüfen.

Tipp 2: Arbeitsschutzausschuss gestalten

Der ebenfalls ab 20 Mitarbeitern rechtlich vorgeschriebene Arbeitsschutzausschuss sei dafür zuständig, relevante Themen zum Arbeitsschutz zu erörtern und Entscheidungen über die Umsetzung von Schutzmaßnahmen und Strategien zu treffen. "Unternehmen sollten dieses Gremium jedoch nicht dazu nutzen, um auf Führungskräfte Druck aufzubauen", so der Fachmann weiter. Der Arbeitsschutzausschuss sollte konstruktiv arbeiten und alle Teilnehmer einbinden. Erst wenn nicht mehr die Fachkraft für Arbeitssicherheit alleiniger Veranstalter sei, sondern jeder in die Entwicklung von Strategien und Maßnahmen eingebunden werde, steige die Akzeptanz – das führe letztendlich zu einer besseren Umsetzung.

Tipp 3: Führungskräfte richtig schulen

"Für einen nachhaltigen Schutz vor Arbeitsunfällen sind Führungskräfte mit ihrem umfassenden Einblick äußerst wichtig – allerdings werfen die Verantwortlichen sie häufig ins kalte Wasser, sodass der Erfolg der Unfallprävention nicht gewährleistet ist", ergänzt er. Es gelte, Führungskräfte im Rahmen eines ausführlichen Onboardingverfahrens auf ihre Rolle im Arbeitsschutz vorzubereiten. Hierfür reiche nicht nur ein Seminar mit einer Länge von ein bis zwei Tagen aus – vielmehr benötigen die Unternehmen ein Coaching mit einem Sparringspartner, das über mehrere Wochen andauere. Inhaltlich müssen die Führungskräfte in Theorie und Praxis verstehen, wie sie ihre Aufgaben richtig und möglichst effektiv wahrnehmen, aber auch wie sie sichere und unsichere Handlungen der Mitarbeiter so ansprechen, dass diese zukünftig aus eigenem Antrieb sicherheitsbewusst arbeiten.

Tipp 4: Meldemoral fördern

Um die Unfallprävention optimieren zu können, ist Ganzke zufolge die Mithilfe aller Mitarbeiter nötig. Unternehmen sollten daher deren Meldemoral von Arbeitsunfällen und Beinaheunfällen fördern und sie stets dazu ermutigen, auch folgenlose Zwischenfälle zu melden. Nur durch solche Meldungen können künftige Arbeitsunfälle verhindert werden. An dieser Stelle gelte insbesondere für Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Führungskräfte, die Mitarbeiter zum Melden von Vorfällen zu ermutigen. Die Verantwortlichen müssen gemeldete Ereignisse außerdem zeitnah prüfen und den Mitarbeitern entsprechendes Feedback zukommen lassen.

Tipp 5: Begehungen durchführen

Bei regelmäßigen Begehungen bieten sich Fachkräften für Arbeitssicherheit und Führungskräften sowie ggf.auch Sicherheitsbeauftragten, Betriebsräten und Betriebsärzten die Gelegenheit, vorhandene Gefährdungen im laufenden Betrieb zu erkennen. "Hierbei ist es jedoch äußerst wichtig, dass nicht der Eindruck der Arbeitsschutz-Polizei entsteht, die Mängel aufzeigt, ein Foto macht und dann wieder verschwindet", erklärt der Experte. "Sollten die Verantwortlichen Mängel feststellen, müssen sie auf Basis ihrer Expertise auch bei der Lösungsfindung mitwirken."

Weiterhin sein auch positive Erkenntnisse zu dokumentieren und vor Ort anzusprechen. Derartige Begehungen bieten Unternehmen die große Chance, die Einstellung zum Arbeitsschutz zu optimieren. Sein Fazit: "Leider wird diese Chance in einigen Unternehmen nicht genutzt, weil noch immer der Eindruck der Arbeitsschutz-Polizei statt dem des Coaches entsteht", resümiert Ganzke. "Hier besteht auch bei Fachkräften für Arbeitssicherheit noch Entwicklungspotenzial."