250.000 fehlende Fachkräfte So machen sich Fachbetriebe für Azubis attraktiv

Handwerksbetriebe können zwar volle Auftragsbücher vorweisen, sind aber verzweifelt auf der Suche nach Fachkräften, um alle Aufträge bewältigen zu können. Ein Recruiting-Experte verrät, wie sich die Unternehmen für Auszubildende attraktiv machen und sie langfristig an sich binden.

Fachkräftemangel
Um dem Mangel an Fachkräften entgegenzuwirken, sollten Betriebe im eigenen Haus ausbilden. - © stock.adobe.com - p365.de

"Der erste Schritt zum Erfolg ist, in den wichtigsten Medien sichtbar zu werden", erklärt Richard Kraus, Geschäftsführer und Gründer der Kraus Consulting. "Wer junge Menschen zu einer Ausbildung zum Glaser, Schreiner oder Fensterbauer im eigenen Betrieb begeistern möchte, muss sie insbesondere auf Facebook und Instagram erreichen – Xing und LinkedIn können dagegen vernachlässigt werden." Zudem sei es unerlässlich, sich den richtigen Umgang mit Social Media anzueignen. Viele Verantwortliche haben ein falsches Bild davon, wie sie ihre Präsenz dort nutzen sollten. Es gehe nicht darum, das eigene Profil mit sinnlosen Fotos anzufüllen und Likes hinterherzujagen. Vielmehr sollte es das Ziel sein, einen professionellen Auftritt in der Online-Welt zu etablieren. Auf diese Weise bauen sich die Betriebe eine starke Arbeitgebermarke auf, die für eine gewisse Omnipräsenz in der eigenen Region sorge und die Menschen dazu bewege, sich mit dem Unternehmen auseinanderzusetzen.

Die Vorteile des Handwerks aufzeigen

Um das Interesse junger Menschen für eine Tätigkeit zielgerichtet wecken zu können, müssen die Betriebe über die sozialen Medien darüber aufklären. Dabei gehe es vornehmlich darum, die Vorteile eines solchen Berufs hervorzuheben. Im Handwerk machte sich in den vergangenen Jahren zunehmend Unmut breit, weil sich immer mehr Menschen dazu entscheiden, einen Beruf in der Industrie zu ergreifen – doch nicht jeder möchte den gesamten Arbeitstag damit verbringen, Maschinen zu bedienen. Allerdings müssen die Betriebe Alternativen aufzeigen. Das Ziel sollte es also zunächst sein, die Reputation des Handwerks in Ordnung zu bringen.

Einfachen Bewerberprozess schaffen

"Hat man es geschafft, ein grundsätzliches Interesse zu erzeugen, geht es darum, einen einfachen Einstieg in die Ausbildung zum Glaser, Fensterbauer und Co. zu gewährleisten", so der Experte. Dies gelinge insbesondere dadurch, dass die Betriebe ihre Bewerbungsprozesse vereinfachen. Eine solche Maßnahme helfe auch dem Unternehmen selbst: Indem sie strukturierte und einheitliche Recruiting-Prozesse schaffen, minimieren sie den zeitlichen Aufwand, der notwendig ist, ungeeignete von qualifizierten Bewerbern zu trennen. Dadurch entlasten sich die Betriebe selbst – sie können Bewerber akquirieren und sie nach dem Gespräch erneut kontaktieren, sogenanntes Follow-up betreiben. Auf diese Weise sei es grundsätzlich möglich, mit wenig Einsatz das bestmögliche Ergebnis zu erzielen.

Alleinstellungsmerkmale schaffen

Im weiteren Vorgehen sollten sich die Betriebe laut Kraus darum bemühen, überhaupt ausreichend Bewerbungen zu erhalten. Neben der grundlegenden Aufmerksamkeit und einfachen Bewerberprozessen sind hierfür gewisse Alleinstellungsmerkmale notwendig. Daher bietet es sich an, potenziellen Azubis attraktive Benefits zu versprechen, wenn sie sich für eine Ausbildung zum Maler oder Stuckateur entscheiden. Ein reizvolles Angebot ist beispielsweise die finanzielle Unterstützung für einen Führerschein oder für ein E-Bike – auf diese Weise stellt ein Betrieb zusätzlich sicher, dass die Auszubildenden stets mobil sind. Alternativ kann auch die Aussicht auf Auslandsaufenthalte ansprechend sein.

Ein Wir-Gefühl erzeugen

Damit Betriebe junge Menschen von einer Ausbildung überzeugen können, sollten sie ihnen nach Angaben des Experten aufzeigen, welche Vorteile es mit sich bringt, Teil ihres Teams zu sein. Es sollte schon zu Beginn klar ersichtlich sein, dass sie als vollwertige Mitarbeiter betrachtet und wertgeschätzt werden. Zudem sei zu empfehlen, ihnen bei guter Entwicklung die Möglichkeit der Übernahme und damit eine gewisse Sicherheit für die Zukunft in Aussicht zu stellen. Hierfür können die Unternehmen zusätzliche Anreize in Form von Boni bei bestandenen Prüfungen und zusätzlichen Gelegenheiten zur Weiterbildung schaffen.

In die Mitarbeitergewinnung investieren

"Möchten die Betriebe nachhaltig mehr Bewerbungen erhalten und regelmäßig Auszubildende einstellen, müssen sie verstehen, dass für eine erfolgreiche Mitarbeitergewinnung auch Investitionen notwendig sind", beschreibt er. "Die aus den Maßnahmen resultierenden Kosten sollten sie zudem nicht als Belastung empfinden." Schließlich seien junge Fachkräfte aus strategischer Sicht diejenigen, die dem Unternehmen künftig Einnahmen bescheren – sie generieren den Umsatz. Sei ein Betrieb nicht dazu bereit, Geld für die Gewinnung von Mitarbeitern und insbesondere Auszubildenden zu investieren, werde er daran auf lange Sicht zugrunde gehen. Sein Fazit: "Wer langfristig konkurrenzfähig bleiben will, muss sich aus diesem Grund schnellstmöglich mit effektiven Recruiting-Maßnahmen auseinandersetzen."