Gebäudesektor verfehlt Klimaschutzziel RTG: Wo bleibt der Sanierungsturbo?

Laut aktuellem Emissionsbericht des Umweltbundesamts verfehlt der Gebäudesektor in Deutschland zum vierten Mal in Folge das im Klimaschutzgesetz vorgesehene Ziel. Die Repräsentanz Transparente Gebäudehülle (RTG) sagt, warum es gerade jetzt wichtig ist, mehr Anreize für energieeffiziente Gebäudesanierungen zu schaffen.

Durch mehr Sanierungsmaßnahmen, vor allem bei alten Gebäuden mit hohem Energieverbrauch, wäre nachhaltiger Klimaschutz möglich. - © RTG

Laut aktuellen Zahlen des Umweltbundesamts (UBA) sind die Treibhausgas-Emissionen im Jahr 2023 zwar deutlich gesunken – doch zusammen mit dem Verkehr hat der Gebäudesektor erneut sein Klimaschutzziel verfehlt. Der CO2-Ausstoß von Gebäuden sank von 111 auf 102 Millionen Tonnen und liegt damit noch um ca. 1,2 Millionen Tonnen über der Zielmarke. Das UBA erklärt die Emissionssenkung maßgeblich mit der milden Witterung und einem sparsamen Heizverhalten auf Grund der hohen Energiepreise.

Die RTG, die die Bauindustriebranchen Glas, Fenster, Fassade, Sonnenschutz und Automation vertritt, wertet die Zahlen nicht als Erfolg: "Milde Witterung und sparsames Heizen sind vergängliche Effekte", erklärt RTG-Leiter Thomas Drinkuth. "Strukturell gibt es viel zu wenig Verbesserung – im Gegenteil: Die Sanierungsrate ist zuletzt spürbar gesunken." Durch mehr Sanierungsmaßnahmen, vor allem bei alten Gebäuden mit hohem Energieverbrauch, wäre seinen Angaben zufolge nachhaltiger Klimaschutz möglich. "Dafür müsste die Bundesregierung dringend bessere Rahmenbedingungen schaffen", fordert er.

Bundesregierung will Klimaschutzgesetz abschwächen

Nach dem geltenden Klimaschutzgesetz müsste die Bundesregierung aufgrund des verfehlten Ziels nun ein wirksames Sofortprogramm für mehr Klimaschutz im Gebäudesektor vorlegen, heißt es. Doch das habe sie schon im vergangenen Jahr nicht getan. Stattdessen überarbeite die Ampelkoalition derzeit das Klimaschutzgesetz und weiche die darin enthaltene Regulierung auf. Laut einem bereits 2023 bekannt gewordenen Entwurf wolle sich die Regierung nicht mehr auf sektorspezifische Jahresziele verpflichten. In Zukunft solle nur noch eine mehrjährige Prognoseberechnung überprüfen, ob das Gesamtklimaschutzziel im Jahr 2030 weiterhin erreichbar bleibe. "Eine Verfehlung der Sektorziele hätte dann keine Konsequenzen mehr", sagt Drinkuth. "Die Gebäudesanierung dürfte weiterhin auf der Strecke bleiben, solange die Energiewirtschaft oder die Industrie ihre Emissionsziele übererfüllen."

Das hält die RTG jedoch für gefährlich: "Die Bundesregierung argumentiert, es sei für den Klimaschutz nachrangig, welche Sektoren ihre Jahresziele unter- oder überfüllen - solange das Gesamtziel der Emissionsminderung in der Prognose erreicht werde", ergänzt er. Dabei übersehe sie zwei wesentliche Aspekte: Erstens sei das Ziel der Klimaneutralität im Jahr 2045 nur mit erheblich mehr Gebäudesanierung zu erreichen. Alle Klimaszenarien gingen davon aus, dass die Sanierungsrate von aktuell gut 0,7 auf mindestens 1,6 Prozent, eher auf ca. zwei Prozent steigen müsse. Denn der heutige Energiebedarf sei so hoch, dass erneuerbare Energien ihn niemals decken könnten. Es komme also sehr wohl auf konkrete Erfolge im Gebäudesektor an. "Zweitens lassen sich Sanierungen, die jetzt versäumt werden, nicht später im Galopp nachholen. Gebäudesanierung funktioniert nur kontinuierlich. Statt also mit der Abschwächung des Gesetzes den Druck vom Kessel zu nehmen, müsste die Bundesregierung eigentlich den Sanierungsturbo zünden", fordert Drinkuth.

Vorhandene Optionen stärker nutzen

Die Optionen, politisch dagegen zu steuern seien vorhanden und vielfältig, werden jedoch der Branchenvertretung zufolge nicht ausreichend genutzt. Primär müssten die Förderanreize für alle Eigentümergruppen deutlich verbessert werden. Insbesondere seien höhere Zuschüsse und attraktivere Steuerabschreibungen in Kombination mit zinsgünstigen Krediten notwendig, um kurzfristig einen starken Impuls zu setzen. Besonders starke Unterstützung durch Förderung, Information und Beratung müsste für die Sanierung alter Gebäude mit hohem Energiebedarf geleistet werden. Ergänzend sei eine schnelle und konsequente Umsetzung der Europäischen Gebäuderichtlinie wichtig, die bereits vom Europaparlament final beschlossen wurde. Nicht zuletzt: Bei der Klimaschutzregulierung künftig stärker auf eine Prognose als Ziel zu setzen, sei grundsätzlich nicht falsch. "Dennoch muss man die einzelnen Sektoren im Blick behalten und verbindlich nachsteuern, wenn der Kurs nicht stimmt", so der RTG-Leiter abschließend.