Schadensfall 7-8/21 Pfusch in jeder Hinsicht

Wenn die für die CE-Kennzeichnung vorgeschriebenen Unterlagen nicht vorliegen, hat der ausführende Betrieb immer schlechte Karten. Im vorliegenden Fall waren die Rollläden und Raffstores außerdem nicht fachgerecht montiert, so dass es zu Problemen kam.

Der ausführende Betrieb hatte die Führungsschienen für die Rollläden direkt auf dem Fenster befestigt. Daraus resultierte ein Abstand zum bauseitigen Rollladenkasten, wodurch die Aluminium-Rollläden negativ in die Führungsschienen einliefen. - © Hochmut

Ein Bauherr hatte an seinem Wohnhaus Holz/Alu-Fenster und -Türen einbauen lassen, ausgestattet mit motorisierten Rollläden und Außenraffstores. Schon kurz nach der Montage traten Probleme auf, zu denen sich der im Hochbau kundige Auftraggeber umfassende Notizen machte: Demnach fuhren die Rollläden nicht mehr herunter, wenn sie oben waren – die Endpunkte waren mehrmals eingestellt worden. Zudem bemängelte der Hauseigentümer Kratzer in den Lamellen, die seiner Ansicht nach von einem schiefen Einbau der Rollläden herrühren könnten. Des Weiteren mutmaßte er, dass die Fenster falsch gesetzt sind. Die Raffstores wiederum hingen schief. Eine Anlage blieb beim Fahren hängen, seiner Vermutung nach aufgrund der gestückelt angebrachten Führungsschiene.

Worin liegen die Ursachen für die beschriebenen Mängel? Führte der beauftragte Betrieb die Arbeiten nicht fachgerecht aus? Der Bauherr wandte sich an einen Sachverständigen.

Schadensanalyse Rollladen

Dieser begutachtete beim Vor-Ort-Termin zunächst eine Doppeltür im Wohnzimmer. Er stellte fest, dass der ausführende Betrieb die Führungsschienen für den Rollladen direkt auf der Aluminiumschale des Fensters befestigt hatte. Daraus ergab sich eine Lücke zum bauseitigen Ziegel-Rollladenkasten von 40 Millimeter, welche die Monteure mit einer unbeschichteten Alu-Blende teilweise abdeckten – diese hatte sich bereits verfärbt. Aufgrund des Abstands zum Rollladenkasten lief der eingebaute Aluminium-Rollladen, der – ebenso wie der installierte Rohrmotor – von einem unbekannten und nicht zertifizierten Hersteller stammt, negativ in die Führungsschienen ein. Es kam zu Beschädigungen am Rollladen bis hin zum Ausfall des gesamten Rollladenelements. Fünf Rollladenstäbe wiesen starke Kratzer in der Mitte auf.

Nahezu identische Beobachtungen machte der Sachverständige an den weiteren Rollladenelementen im Wohnzimmer, im Gäste-WC, im Kinderzimmer, im Büro, im Badezimmer, in der Umkleide, im Schlafzimmer sowie im Dachgeschoss, wo die Rollläden komplett defekt waren und sich nicht mehr bewegen ließen.

Schadensanalyse Raffstores

Im Esszimmer und in der Küche sind an den Fenstern und Türen Außenraffstores angebracht, die wahrscheinlich von einem Hersteller polnischer Provenienz stammen. Technische Nachweise, Konformitätserklärungen oder Berechnungen der Windwiderstandsklasse lagen dem Sachverständigen zufolge nicht vor.

Bei einer der beiden Esszimmertüren sowie dem Küchenfenster stellte er fest, dass die Holz/Alu-Elemente nicht lotrecht eingebaut sind. Die Führungsschienen saßen nicht mittig zum jeweils im bauseitigen Jalousiekasten montierten Raffstore-Oberkopf. Bei der anderen Esszimmertür waren die seitlichen Führungsschienen um 70 Millimeter zu kurz. Die seitlichen Nippel, die den Außenraffstore führen, fielen oben heraus. Es kam zum Schadensbild, dass der Auftraggeber beschrieben hatte und bei einem Testlauf reproduzierbar war: Die Lamellen blieben hängen.

Hintergrund CE-Zeichen und Verarbeiterpflichten

Seit dem 1. April 2006 haben Hersteller von Rollläden und Raffstores die Anforderungen der DIN EN 13659 „Abschlüsse außen und Außenjalousien“ einzuhalten. Ein normenkonformes Element erkennt man am CE-Zeichen, das die folgenden Angaben enthält: Hersteller mit kompletter Adresse, Baujahr, Angaben der angewendeten Norm, Windlastangabe/Klassifizierung. Ausschließlich normenkonforme Produkte darf der Fachbetrieb beim Endverbraucher montieren. Dem Bauherrn bzw. Auftraggeber sind im Rahmen der Aufklärungspflicht und Produktverantwortung die folgenden Unterlagen zu übergeben: Windlastberechnung, Beachtung der VDE-Vorschrift, Übergabeprotokoll, Bedienungs- und Wartungsanleitung, Montageanleitung, Montage- und Einstellanleitungen des Motorenherstellers.

Lösung

Im vorliegenden Fall hatte der Bauherr nach eigenen Angaben keine Unterlagen in Form von CE-Konformitätserklärung, Montageanleitung sowie Bedienungs-, Anschluss- und Wartungsanleitung erhalten. Bei den Raffstores hätte der Betrieb deren Einsatz mit Blick auf die maximal möglichen Windlasten zudem selbst bewerten müssen. Auch das war nicht geschehen. Alle eingebauten Raffstores und Aluminium-Rollläden mit Motorantrieb müssen daher dem Sachverständigen zufolge ausgebaut und entsorgt werden.

Hinsichtlich der Fragen des Bauherrn kam der Fachmann zum Schluss, dass alle Aluminium-Rollläden nicht fachgerecht eingebaut und dadurch die bemängelten Probleme entstanden sind. Auch habe der Betrieb die Fenster und Türen nicht passend zum zu verbauenden System gesetzt. Sie seien auszubauen und fachgerecht zu einem zertifizierten System neu zu setzen. Die beiden schief eingebauten Fenster und Türen seien ebenfalls neu und systemgerecht einzubauen, so dass die seitlichen Führungsschienen lotrecht zur Mitte des Raffstore-Kopfes auf den Alu-Schalen sitzen. Beim dritten Raffstore kam es durch die Stückelung der Führungsschiene und den nicht fachgerechten Einbau zu Beschädigungen. Die Kosten für die Instandsetzung der eingebauten Fenster, Türen, Rollläden und Raffstores schätzt der Sachverständige auf zirka 25.000 bis 30.000 Euro.

So sind Sie auf der sicheren Seite

Die Berücksichtigung der Norm DIN EN 13659 ist keine Kann-Maßnahme, sondern eindeutig Pflicht: Die Norm hat Gesetzescharakter. Wenn der Fachbetrieb ein nicht normenkonformes Element montiert und der Kunde reklamiert das, drohen immer Konsequenzen. Bei der Montage eines normenkonformen Elements muss der Betrieb jederzeit nachweisen können, dass er seiner Beratungspflicht, seiner Aufklärungspflicht und der Pflicht zur Übergabe der entsprechenden Unterlagen nachgekommen ist. Sonst drohen ebenfalls rechtliche Folgen.