Outdoor Living: Hält der Trend an?

Outdoor Living, die Wohnraumerweiterung nach draußen verzeichnet in den vergangenen Jahren steigende Zuwächse. sicht+sonnenschutz beleuchtet, wie sich der Markt für Pergola, Lamellendach und Terrassenüber­dachung entwickelt hat und welche Perspektiven dieser bietet.

Wie eine Terrassenüberdachung aussehen kann, zeigt die Ausstellung im La Casa. - © Kellner

„Outdoor Living ist unser großes Standbein geworden“, betont Guido Caris, Geschäftsführer von Sonnenschutz Caris aus Brüggen in Nordrhein-Westfalen. „Wir verzeichnen große Zuwächse.“ Ein Grund, warum sich der Geschäftsführer dazu entschieden habe, ein neues Ausstellungskonzept an seinen Standorten einzuführen. In seiner Outdoor-Ausstellung präsentiert er den Endkunden Produkte, die auch außerhalb der Geschäftszeiten zugänglich sind. „Ein Service, damit sich unsere Kunden zu jeder Zeit einen ersten Eindruck verschaffen und die Systeme vor Ort ausprobieren können“, sagt Emily Caris, Sonnenschutzmechatronikerin und Tochter des Geschäftsführers. „Mithilfe eines QR-Codes lassen sich die Systeme via Internetzugang ganz einfach über das Smartphone steuern.“

Viele Outdoor-Living-Produkte

Die Outdoor-Ausstellung hat das Caris-Team seit zirka einem Jahr in Betrieb. „Unsere Kunden sind begeistert, sehen, dass wir innovativ sind – und wir haben auch unseren Umsatz gesteigert“, betont der Geschäftsführer. Das Sortiment umfasst den kompletten Outdoor-Living-Bereich – von der Markise und dem Sonnensegel über die Pergola bis hin zum Glas- oder Lamellendach. Nach Aussage von Caris sei für jeden Kunden etwas dabei, auch wenn er nicht so viel Geld in die Hand nehmen will. Im Bereich Pergola, Lamellen- und den Terrassenüberdachungen sei im vergangenen Jahr besonders das Lamellendach nachgefragt gewesen. „Das liegt meines Erachtens daran, dass sich der Kunde mit einem Lamellendach nochmals einen zusätzlichen Raum auf der Terrasse schafft, wo er auch mal bei schlechtem Wetter länger sitzen kann“, erklärt Caris. „Aber manche schreckt der Preis auch ab.“

Entwicklung von Outdoor Living

Outdoor Living hatte 2020 ein gutes Jahr und sich 2021 nochmals gesteigert. „Wir hatten ein Wachstum in fast allen Ländern, was auch an der Förderung durch die Regierung lag. 2020 und auch 2021 haben die Konsumenten die Chance genutzt, ihren Outdoor-Living-Bereich entweder neu zu gestalten oder zu renovieren“, sagt Stefano Armandi, Brachenanalyst bei Interconnection Consulting. Deswegen sei die Nachfrage für viele Produkte ziemlich stark gewachsen. Das Niveau sei aktuell sehr hoch, was viele Lieferanten dazu gezwungen
habe, Geld zu investieren, um ihre Produktion zu erweitern.
Die große Nachfrage hat aber auch Probleme verursacht. „Die Materialien waren knapp und die Preise sind gestiegen. Außerdem war es nicht einfach, Handwerker zu finden, die das Produkt beim Endkunden montiert haben“, erklärt Armandi weiter. Gerade der logistische Aufwand habe sich für die Firmen durch die steigende Nachfrage erhöht. Der zusätzliche Preisanstieg im zweiten Halbjahr 2021 führt seiner Meinung nach nun zur Frage, wie es weitergeht.

file_download Downloads zu diesem Artikel

Schwer, eine Prognose abzugeben

„Wir glauben schon, dass der Markt nicht mehr so stark wachsen, sich aber dennoch auf diesem hohen Niveau stabilisieren wird. Davon sind wir zumindest im Januar ausgegangen“, sagt Armandi. „Die Entwicklung ist aber aufgrund der aktuellen Lage schwer vorherzusagen.“ Die Prognosen haben sich laut dem Experten in den vergangenen Wochen aufgrund der Lage in der Ukraine verschlechtert. Das liege u.a. an den Importen aus Russland. Die Aluminiumpreise seien schon vorher sehr hoch gewesen, sind aber in den zurückliegenden Wochen weiter gestiegen.

Auch das Angebot werde sich verknappen. Nicht alle Produkte werden sich nach Aussage des Experten in dieselbe Richtung bewegen. Lamellendächer sind 2021 im europäischen Durchschnitt um 25,4 Prozent gewachsen. Für 2022 geht er davon aus, dass die Lamellendächer ein Wachstum von zehn Prozent haben – was zu Lasten der Pergola gehe. „Wir gehen davon aus, dass die Pergola auch 2022 weiterwachsen wird. Vermutlich jedoch nicht so viel wie im vergangenen Jahr.“ Grund dafür sei u.a. das immer populärer werdende Lamellendach, das nach Einschätzung von Armandi der Pergola Marktanteile wegnehmen werde.

Hohe Herstellerumsätze

Andreas Kreuzer, geschäftsführender Gesellschafter von Brachenradar.com, ergänzt: „Das Umsatzwachstum im deutschen Markt hat bei den Outdoor-Living-Produkten Gelenkarmmarkise, motorisiertes Sonnensegel, Pergola und Lamellendach im vergangenen Jahr 12,3 Prozent betragen. Die Herstellerumsätze betrugen 326,7 Millionen Euro.“ Die Umsätze setzen sich laut dem Experten zu 35 Prozent aus Ersatzgeschäften, sprich dem Austausch eines alten Produkts, und zu 65 Prozent aus Neubau zusammen. Für den Markt bedeutet dies, das noch Luft nach oben sei. Die Analysten von Brachenradar.com gehen davon aus, dass der Umsatz auch weiterhin wachsen wird. „Das liegt auch daran, dass der Marktpreis getrieben ist und dieser Preis einen Teil dieses Umsatzwachstums hervorruft und nicht die Nachfrage. Wir gehen davon aus, dass der Markt auch in den nächsten Jahren wachsen wird, danach konsolidiert er vielleicht wieder, um später erneut zu wachsen“, erklärt Kreutzer.

Der Markt sei nicht in jedem Jahr gewachsen, schon früher gab es Zeiten, in denen der Markt stagniert habe oder leicht rückläufig war. Danach kam jedoch immer wieder ein Aufschwung. Und dass der Markt die vergangenen zwei Jahre gewachsen sei, lag an Corona und der Tatsache, dass die Kunden Geld zur Verfügung hatten, was sie davor für Freizeit und Konsum ausgegeben hatten. „Der Neubau hat in den vergangenen Jahren in Deutschland geboomt und allein deswegen wird es ein gewisses Volumen an Wachstum geben. Wir gehen aber generell nicht davon aus, dass die Märkte in den nächsten Jahren so stark steigen werden, wie sie es in den vergangen drei Jahren taten.“ Der generelle Trend zu Outdoor Living wird indes auch weiterhin Bestand haben.

Trend: Leben wird nach draußen verlegt

Das bedeutet, der Garten oder die Terrasse, die zum verlängerten Wohnzimmer wurden, werden auch weiterhin attraktiv bleiben. Nach Meinung des Experten wurde dieser Trend in den vergangenen Jahren durch Corona beschleunigt. „Freiflächen sind heute bei Neubauten zum Standard geworden. Und in dem Moment, wo die Außenfläche nach Süden oder Westen ausgerichtet ist, werde ich eine Beschattung benötigen“, sagt Kreutzer. Viel Verbesserungsbedarf in Bereich neuer Produkte sieht der Marktexperte nicht. „Wo man meines Erachtens nachbessern könnte, ist der Verkauf und die Distribution. Die Produkte haben sich weiterentwickelt, aber die Vertriebskanäle nicht.“

Wenig Verbesserungspotenzial

Bei vielen Fachhändlern müssten die Kunden anhand einer Stoffprobe die Entscheidung für ein Outdoor-Living-Produkt treffen. „Das Problem sind fehlende Verkaufsflächen, wo der Kunde sich die Produkte anschauen und bedienen kann. Das haben wir in Deutschland und auch in Österreich eindeutig zu wenig und diese Flächen benötigen wir eigentlich“, sagt Kreutzer. Hier gezielt angesetzte Veränderungen würden aus seiner Sicht den Bedarf beim Endkunden durchaus noch erhöhen. „Denn wenn ich beim stationären Händler eine Markise aus dem Katalog kaufe, weil er mich quasi dazu zwingt, ebnet das eigentlich den Weg für das Internet. Die Zeiten haben sich geändert, der Kunde kauft nur noch das, was er sieht.“

Nicht alle Fachhändler halten an den alten Konzepten fest, wie Kreutzer betont. Es gebe schon einige Fachhändler, die die Bedürfnisse der Kunden kennen und dementsprechend große Verkaufsräume haben. Auf neue Vertriebswege setzt auch Sonnenschutz Caris – und fährt gut damit. Die Resonanz der Kunden sei durchweg positiv. Dass sich ein großer Ausstellungsbereich lohnt, weiß auch Matthias Brack, Geschäftsführer von Brack Wintergärten.

Spezialisieren lohnt sich

Er gründete das Handwerker-Netzwerk La Casa – bestehend aus neun Gewerken. 2018 bezog er das gleichnamige Gebäude La Casa in Dietmannsried im Allgäu, das im Innenraum eine Fläche von 1.000 Quadratmeter umfasst. Weitere 1.000 Quadratmeter stehen als Außenfläche zur Verfügung. In der Ausstellung präsentiert er seine Kalt- und Warmwintergärten, Außenbeschattungen und Insektenschutz – neben den Produkten seiner Ausstellungspartner. Seit er die neuen Räumlichkeiten bezogen hat, haben sich seine Umsätze etwa verdreifacht. „Unsere Erwartungen sind deutlich übertroffen worden. Wir haben alle volle Auftragsbücher.“

Brack Wintergärten gibt es bereits seit 1904. Brack führt das Unternehmen in vierter Generation und spezialisierte sich mit seinem Einstieg in den Betrieb auf den Bereich Wintergärten. „Der Wintergarten war schon oft totgeglaubt, ist aber in den vergangenen Jahren wieder verstärkt in den Fokus gerückt“, sagt Brack. Outdoor Living führte nach seinen Angaben dazu, dass der Wintergartenbau in den vergangenen Jahren frischen Aufschwung bekommen hat: Kunden sehen den Wintergarten heute - egal ob Kalt- oder Warmwintergarten – als sinnvolle Wohnraumerweiterung.

Wo geht es hin?

Auch Armandi sieht wenig Optimierungsbedarf bei den Outdoor-Living-Produkten. Geht es nach ihm, sei die Qualität der Produkte schon sehr hoch. „Außerdem erwarten wir in den nächsten Jahren nicht so große Innovationen. Die Lamellendächer sind vor zehn Jahren entwickelt worden und fangen gerade an zu wachsen.“ Ein Problem, das die Brache habe, sei, dass es nicht genügend qualifizierte Handwerker gebe, die die große Nachfrage abdecken könnten. Denn ein Lamellendach benötige Know-how und spezialisierte Handwerker, um es fachgerecht zu installieren. Als langfristigen Trend prognostiziert er, ebenso wie Kreutzer, dass der Markt langsam wachsen werde. „Es kann schon sein, dass die Konjunktur den langfristigen Trend etwas bremsen wird. Die Leute werden in Zukunft vielleicht auch öfter zu Hause bleiben.“