Schadensfall 5-22 Hier hakte es an allen Ecken und Enden

Baut der ausführende Betrieb ein System ohne CE-Zeichen ein, ist die Gefahr groß, dass es bei der späteren Nutzung zu Problemen kommt. Im vorliegenden Fall fuhren die Rollläden erst herab, wenn der Nutzer sie von Hand etwas nach unten zog.

An diesem Fenster im Schlafzimmer EG sind die Rollladenstäbe seitlich im Bereich der Führungsschienen stark abgerieben. - © Hochmuth

Ein Bauherr hatte sein Einfamilienhaus aus den 1970er-Jahren umfangreich renovieren lassen. Dazu hatte er u.a. einen Fensterbaubetrieb beauftragt, neue Hauseingangstüren aus Aluminium, neue Fenster und Hebeschiebe-Türen aus Kunststoff sowie neue Aluminium-Rollläden einzubauen. Mit der ausgeführten Leistung war der Auftraggeber nicht zufrieden. Er erstellte eine umfangreiche Mängelliste, von der hier nur die Beanstandungen mit Blick auf die Rollläden im Vordergrund stehen sollen.

Mängelliste des Auftraggebers

Der Bauherr bemängelte, dass sich der Rollladen an der Hebeschiebe-Tür im Esszimmer UG sowie weitere Rollläden im Erdgeschoss nur nach unten bewegen lassen, wenn er zusätzlich zur Betätigung am Gurt auch noch am Rollladen zieht. Ferner seien an dem Element im Esszimmer die Lamellen des Rollladenpanzers verbogen – mit der Folge, dass der Rollladen immer wieder hängenbleibe.

Weitere Beanstandungen: An der Hebeschiebe-Tür im Büro UG ist die mittlere Führungsschiene schräg eingebaut. Der Rollladenpanzer selbst ist auseinandergebrochen: Er hängt heruntergefahren in den Führungsschienen, oben klafft ein Spalt. Im Wohnzimmer UG sind die seitlichen Führungsschienen unfachmännisch aus Teilstücken zusammengesteckt. Darüber hinaus fehlt an sämtlichen Hebeschiebe-Türen im Gebäude die Revisionsmöglichkeit: Die Rollladenkästen sind weder von außen noch von innen zugänglich.

Schadensbild I: Befestigung der Führungsschienen

Da sich der ausführende Betrieb nicht gesprächsbereit zeigte, kam es, wie es kommen musste: Der Fall landete vor Gericht. Ein Sachverständiger sollte klären, worauf die beschriebenen Mängel zurückzuführen sind. Beim Vor-Ort-Termin nahm dieser zunächst die Hebeschiebe-Tür im Esszimmer UG in Augenschein. Er stellte fest, dass die Rollladenstäbe der beiden dort als Einheit installierten Aluminium-Rollläden jeweils zur Mitte hin schräg laufen, wodurch der Rollladen bei Nutzung hängenbleibt. Als Ursache machte er die nicht verbaute Wellenstütze oder Kupplung in der Mitte der Hebeschiebe-Tür aus. Die Rollladenwelle hängt aus diesem Grund durch.

Des Weiteren hielt der Sachverständige fest, dass die Führungsschienen nicht fachgerecht verbaut sind. Das gilt für dieses Element ebenso wie für alle anderen untersuchten Rollläden. Der ausführende Betrieb hatte die Führungsschienen direkt am Fenster befestigt, ohne jeglichen Abstand. Dadurch läuft der Rollladen zu negativ in die Schienen – mit entsprechenden Folgen: Der Rollladen bewegt sich beim Lösen des Rollladengurts nicht nach unten. Er muss zunächst von Hand etwas herabgezogen werden, damit er dann von allein nach unten läuft.

Schadensbild II: Fehlende Revisionsöffnungen

Ein weiterer Mangel, der mehrere Elemente betrifft, ist die fehlende Revisionsöffnung. Laut der DIN 18073, Absatz 3.5, dient der Rollladenkasten-Deckel als Abschluss der für Einbau, Wartung und Prüfung erforderlichen Öffnung und ist daher Bestandteil des Rollladenkastens. An allen drei installierten Hebeschiebe-Anlagen fehlt diese Revisionsmöglichkeit.

Weitere Feststellungen: An der Hebeschiebe-Tür im Büro UG fehlen an der linken Seite oben 150 Millimeter an Rollladenprofilen. Der Rollladen ist auseinandergebrochen, so dass sich ein Teil im Kasten befindet, der andere in den Führungsschienen. Auf der rechten Seite ist der Rollladen ebenfalls gebrochen, einige Aluminium-Stäbe sind verdrückt. Die mittlere Führungsschiene ist um acht Millimeter schräg eingebaut, sie ist auch nur im unteren Bereich an der Hebeschiebe-Tür befestigt. Des Weiteren vermerkte der Sachverständige, dass die Führungsschienen im Wohnzimmer UG nicht in einem Stück ausgeführt, sondern aus mehreren Teilen zusammengesetzt sind. Dadurch kommt es bei der Bedienung des Rollladens zu Beschädigungen.

Schadensanalyse: Nicht zertifiziertes System verbaut

Der Sachverständige kam in seinem Gutachten zum Schluss, dass der ausführende Betrieb fehlerhaft gearbeitet hat. Er habe Rollladenführungsschienen verbaut, die eigentlich für eine andere Rollladenart vorgesehen sind, nämlich für Vorbau- oder Aufbausysteme. Zwischen Fenster bzw. Hebeschiebe-Tür und Rollladenkasten besteht kein Abstand. Laut Einbau-Norm muss dieser zehn Millimeter betragen. Somit läuft der Rollladen im Sinne des Einfallswinkels negativ in die Führungsschienen ein und dieser muss durch Ziehen an den Rollladenstäben zur Abfahrt bewegt werden.

Als grundsätzliches Problem sieht der Sachverständige, dass der Betrieb ein Rollladensystem – bestehend aus Panzer, Führungsschienen und Antrieb – verbaut hat, das nicht zertifiziert ist. Weder CE-Kennzeichnung noch Konformitätserklärung liegen für die Elemente vor. Wäre ein zertifiziertes System verbaut worden, bei welchem der Abstand zum Fenster zehn Millimeter beträgt, würden alle Rollläden nach Ansicht des Sachverständigen einwandfrei laufen.

Hintergrund: CE-Kennzeichen und Verarbeiterpflichten

Seit dem 1. April 2006 haben Hersteller von Rollläden die Anforderungen der DIN EN 13659 einzuhalten. Ein normenkonformes Element erkennt man am CE-Zeichen, das die folgenden Angaben enthält: Hersteller mit kompletter Adresse, Baujahr, Angaben der angewendeten Norm, Windlastangabe/Klassifizierung. Ausschließlich normenkonforme Produkte darf der Fachbetrieb beim Endverbraucher montieren. Dem Bauherrn bzw. Auftraggeber sind im Rahmen der Aufklärungspflicht und Produktverantwortung die folgenden Unterlagen zu übergeben: Windlastberechnung, Beachtung der VDE-Vorschrift, Übergabeprotokoll, Bedienungs- und Wartungsanleitung, Montageanleitung, Montage- und Einstellanleitungen des Motorenherstellers.

Lösung: Austausch der Rollladensysteme

Da im vorliegenden Fall jegliche Nachweise für die verbauten Rollläden fehlen, müssen diese mitsamt den Führungsschienen ausgebaut und entfernt werden. In diesem Zuge sind auch die Fenster und Hebeschiebe-Türen auszubauen. An diesen müssen dann zertifizierte Führungsschienen befestigt werden, die zur Aufnahme von CE-Rollläden erforderlich sind. Zusätzlich muss an den Hebeschiebe-Türen eine Revisionsöffnung geschaffen werden, die für Wartungs- und Prüfarbeiten zugänglich ist. Die Kosten für sämtliche Arbeiten schätzt der Sachverständige auf zirka 18.500 Euro netto.

So sind Sie auf der sicheren Seite

Die Berücksichtigung der Norm DIN EN 13659 ist keine Kann-Maßnahme, sondern eindeutig Pflicht: Die Norm hat Gesetzescharakter. Wenn der Fachbetrieb ein nicht normenkonformes Element montiert und der Kunde reklamiert das, drohen immer Konsequenzen.