Schadensfall 2-22 Gefahr in Verzug

Gerade noch rechtzeitig hatte ein Ehepaar einen Sachverständigen beauftragt, die neu installierte Pergolamarkise an seinem Haus auf Schäden und Mängel zu überprüfen. Durch Planungs- und Ausführungsfehler des Fachbetriebs bestand Lebensgefahr für jeden Nutzer der Anlage.

Grob fahrlässig: Mit Schräubchen haben die Monteure eine der Stützen in den Rost der Entwässerungsrinne verschraubt. - © Jabs-Groß

Ein Ehepaar war auf der Suche nach einer neuen Markise und einem seitlichen Windschutz für die Terrasse seines Einfamilienhauses. Die beiden wandten sich an einen Fachbetrieb – mit dem Hinweis, dass zwischen dem bauseitigen Jalousiekasten und der Verkleidung des Dachüberstands nur wenig Platz vorhanden sei. Als Lösung empfahl das Unternehmen ein Terrassenfaltdach mit verschiebbaren Seitenscheibenelementen. Kurze Zeit später begannen die Bauarbeiten.

Mängelbeschreibung

Mit der Umsetzung waren die Auftraggeber nicht zufrieden. Das fing damit an, dass die Halterungen für die Pergola wider Erwarten nicht über den Jalousiekasten passten und sich die Monteure eine andere Befestigungslösung einfallen lassen mussten. Beim ersten Einfahren stellte sich dann heraus, dass sich die Tuchtaschen nicht vor den Jalousiekasten legen, sondern erheblich tiefer hängen. Die Fliegengittertür lässt sich so nicht mehr öffnen.
Nach der später erfolgten Montage der Seitenscheiben trat ein weiteres Problem auf: Auch über den Scheiben hat der Stoff beim Einfahren nicht ausreichend Platz. Es kommt zu einem Faltenwurf, der dazu führt, dass sich bei Regen Wasser in den Stofftaschen sammelt und nicht abfließen kann.

So reagierte der ausführende Betrieb

Nach Diskussionen mit dem ausführenden Betrieb räumte dieser ein, die Arbeiten nicht sach- und fachgerecht ausgeführt zu haben, und unterbreitete einen Vorschlag zur Nachbesserung. Allerdings: Nicht nur forderte das Unternehmen von den Bauherren, vorher kurzfristig die Schlussrechnung zu begleichen. Auch sollte die Nachbesserung kostenpflichtig sein.
Nun wurde es den Eheleuten zu bunt. Sie schalteten einen Anwalt ein, der dazu riet, einen Sachverständigen zu Rate zu ziehen. Dieser Schritt bewahrte das Paar möglicherweise vor Schlimmerem.

Ortstermin mit dem Sachverständigen

Beim Vor-Ort-Termin stellte der beauftragte Sachverständige fest, dass die Pergolamarkise nicht nach den Regeln der Technik montiert ist. Insbesondere bemängelte er die Befestigung der Stützen und der Wandkonsolen – sämtliche weiteren Planungs- und Ausführungsfehler aufzuführen, würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen.

Mangelhafte Befestigung der Stützen

Die Stützen sind nicht nach den Vorgaben des Herstellers befestigt, der dafür ein Fundament von 40 mal 40 mal 80 Zentimeter empfiehlt. Der ausführende Betrieb verschraubte die Stützen in den Augen des Sachverständigen grob fahrlässig: auf der linken Seite mit Schräubchen in den Rost der Entwässerungsrinne, in der Mitte mit zwei Betonschräubchen in eine vorhandene Beton-Gartenpalisade und rechts mit zwei Betonschräubchen in den Klinker. Die Schrauben besitzen keine Bauzulassung.
Insgesamt entspricht die Befestigung nicht den Anforderungen für die durch den Hersteller gewährte Leistungsklasse 2 nach DIN 13561 (Windwiderstand). Anderslautende statische Berechnungen hat der Betrieb nicht vorgelegt.

Mangelhafte Befestigung der Wandkonsolen

Die Wandkonsolen konnte der Betrieb aufgrund eines Planungsfehlers nicht an der Wand zwischen Rollladenkasten und Dachüberstand befestigen. Die Monteure behalfen sich mit einer Unterkonstruktion aus Holz. Auch hier fehlt die statische Berechnung, dass die am Kantholz befestigte Markise die Anforderungen nach DIN 13561 erfüllt.
Weitere Auffälligkeiten: Die eingesetzten, verzinkten Schrauben besitzen keine Zulassung für die Befestigung der Markise, der Randabstand an den Seiten ist mit 15 Millimeter zu gering, das Kantholz beginnt sich bereits zu spalten. Ferner sind nicht alle Bohrungen der Konsole mit Schrauben bestückt.

Fazit: Gefahr für Leib und Leben

So, wie die Pergolamarkise befestigt und montiert ist, lässt sie sich zwar bedienen, die Standsicherheit der Konstruktion ist jedoch nicht gegeben. Nach Ansicht des Sachverständigen geht hier eine absolute Gefährdung für denjenigen aus, der sich unter der Markise aufhält. Bereits bei geringen Windgeschwindigkeiten kann die Anlage der geforderten Windlast nach DIN 13561 nicht standhalten.
Auch ein Regenschutz ist nicht gegeben, da das Gefälle aufgrund des Planungsfehlers nur fünf Grad beträgt statt der vom Hersteller geforderten 14 Grad. Schneelasten würde die Anlage ebenfalls nicht aushalten.

Lösung

In seinem Gutachten kommt der Sachverständige zum Schluss, dass der Betrieb die Markise fachlich nicht richtig geplant und aufgebaut hat, auch in den Maßen passt sie nicht – sie ist zu breit. Die erbrachte Leistung ist daher nicht abnahmefähig und müsste rückgebaut werden. Auch für die Seitenteile ist die Leistung nicht gegeben. Bedingt durch den Planungsfehler, sind sie zu groß bemessen.
In Zusammenspiel mit der geringen Neigung führt das dazu, dass die Tuchschlaufen bei geöffneter Markise auf die Seitenelemente auflaufen und gestaucht werden. Es ist zu erwarten, dass Umwelteinflüsse wie Wind und Regen das Tuch an diesen Stellen schädigen. Letztlich ist die Abnahmefähigkeit der gesamten Anlage und der Seitenteile nicht gegeben.