DIN/TS 18194 veröffentlicht Einbruchhemmung ohne Krücken prüfen

Mit der Technischen Spezifikation DIN/TS 18194:2020-07 steht erstmals eine nationale Prüfgrundlage zur Klassifizierung der Einbruchhemmung von Toren zur Verfügung – ein Meilenstein, wie Olaf Heptner, Geschäftsführer des Industrieverbands Tore Türen Zargen (ttz), erläutert.

Olaf Heptner, Geschäftsführer FTA - © WIB

sicht+sonnenschutz: Warum ist es wichtig, dass mit der DIN/TS 18194 jetzt eine Norm für die torspezifischen Anforderungen an den Einbruchschutz zur Verfügung steht?

Olaf Heptner: Bisher mussten Torhersteller, die einbruchschutzhemmende Tore auf den Markt bringen wollten, Regeln oder Normen anwenden, die für Tore nicht anwendbar waren. Während die aktuellen Versionen der DIN 1627..1630 Tore explizit im Anwendungsbereich ausschließen, war die Verwendung der DIN V EN V 1627 - 1630 stets eine Krücke, um Einbruchschutzanforderungen zu prüfen, denn bereits in der DIN V EN V 1627 -1630 war nie die Rede von Toren, sondern nur von Abschlüssen. Man muss wissen, dass diese Normen originär für Türen und Fenster entwickelt wurden.

Mit der Einführung der DIN/TS 18194 existiert nun erstmalig eine Norm auf dem Markt, welche speziell für Tore entworfen wurde und somit für Tore angewandt werden kann. Folglich gibt es nicht nur formal eine passende Regelung für Tore, sondern auch auf Basis technisch sinnvoller Anforderungen.

sicht+sonnenschutz: Was erhoffen Sie sich von der Einführung der neuen Norm bzw. was kann sich die Branche davon erhoffen? Was bedeutet die Norm für die Vermarktung entsprechender Produkte?

Heptner: Wie bereits angesprochen, existiert mit der DIN/TS 18194 nun eine Norm, die speziell für Tore entwickelt wurde und torspezifische Anforderungen beinhaltet. Damit hat – glücklicherweise – das Heranziehen von anderen Normen ein Ende. Die Torhersteller, die u. a. bei der Entwicklung der DIN/TS 18194 mitgearbeitet haben, begrüßen diese Situation sehr, da die DIN/TS 18194 die Torbelange einfach besser berücksichtigt.

Bei der Vermarktung entsprechender einbruchschutzgeprüfter Produkte können die Hersteller nun – ohne Gewissensbisse – auf die passende Norm verweisen und mit einer passenden Norm prüfen und die Produkte klassifizieren. Uns ist aus dem Markt und auch von Herstellern herangetragen worden, dass die Einführung der DIN/TS 18194 sehr begrüßt wurde und entsprechende Zertifikate auf die neue Normungsgrundlage umgeschrieben werden.

sicht+sonnenschutz: Ist die Norm ab sofort anwendbar?

Heptner: Mit Erscheinen der Norm ist diese anwendbar.

sicht+sonnenschutz: Was sind torspezifische Besonderheiten, auf die in Abweichung zur DIN 1627ff. besondere Rücksicht genommen wurden?

Heptner: Die DIN/TS 18194 erfasst als erste Norm nun explizit Tore – in den unterschiedlichsten konstruktiven Ausführungen – und stellt Anforderungen zum Einbruchschutz. Auch wenn sich die DIN/TS 18194 an den Normen EN 1627..1630 orientiert (z.B. in Bezug auf die Anforderungen und Werkzeugsätze der höheren Widerstandsklassen), ist bei der DIN/TS 18194 herauszuheben, dass vornehmlich auf die Versagenskriterien für die statischen, dynamischen und manuellen Prüfungen abgezielt wurde. Hier ist das Erreichen einer durchgangsfähigen Öffnung Maß aller Dinge. Diese durchgangsfähige Öffnung wird in der Norm mit verschiedenen Querschnitten definiert, durch die ein entsprechender Prüfkörper durchgeschoben werden kann. Des Weiteren wird der Angriff auf das Torblatt gesondert definiert, analog zum Angriff des Glases in Türen oder Fenstern gemäß der EN 1627..1630. Für die Widerstandsklassen RC1N und RC2N erfolgt kein Angriff auf das Torblatt (sogenannter Flächenangriff). Für die Widerstandsklassen RC2 bis RC6 gelten die Vorgaben der DIN EN 1630. Ein normativer Anhang A stellt unterschiedliche Tortypen und Kraftangriffspunkte dar, die sich auf Kräfte auf das Torblatt (Fläche) und Kräfte in Öffnungsrichtung (Auf-/Hochschubsicherung) beziehen. Damit sind alle gängigen Tortypen in der DIN/TS 18194 erfasst.

sicht+sonnenschutz:  Warum ist es bisher nicht gelungen, eine europäische Einbruch-Norm für Tore zu veröffentlichen? Wie geht es jetzt weiter beim dem Thema, sowohl auf europäischer Ebene als auch, was die DIN/TS 18194 betrifft?

Heptner: Das Thema Einbruchschutz Tore wird in der zuständigen Normungsgruppe auf europäischer Ebene schon seit einiger Zeit besprochen. Hierzu gab es auch unterschiedliche Entwürfe und Ideen zur Definition des Einbruchschutzes. Sogar in die Richtung elektrischer/elektronischer Absicherungsmaßnahmen wurde gedacht. Leider konnte bisher keine Einigung zu den Anforderungen erreicht werden. Mitunter auch deshalb, da die Anforderungen für elektrische und elektronische Absicherungen weit über die normungstechnischen Möglichkeiten hinausgehen bzw. verlässliche Expertise hierfür nicht verfügbar war.

Es ist denkbar, dass auf Basis der DIN/TS 18194 ein erneuter europäischer Anlauf genommen wird, um eine europäische Regel zu etablieren. Jedoch sollte hier berücksichtigt werden, dass es Sinn macht, im ersten Schritt mit der DIN/TS 18194 Erfahrungen zu sammeln und diese dann in der Erarbeitung eines europäischen Regelwerks zu berücksichtigen.