Schadensfall 3-4/25 Sie schraubten, dass sich die Balken bogen

Die neuen Kassettenmarkisen bereiteten den Bauherren keine Freude. Dem ausführenden Betrieb warfen sie unsaubere Arbeit vor. Ein Sachverständiger sollte den Vorwürfen auf den Grund gehen.

Der ausführende Betrieb hat die Befestigung des Markisenarms an dieser Anlage um 50 Millimeter verschoben.
Der ausführende Betrieb hat die Befestigung des Markisenarms an dieser Anlage um 50 Millimeter verschoben. - © Hochmuth

Ein Ehepaar hatte einen Fachbetrieb beauftragt, an einem Einfamilienhaus mehrere Kassettenmarkisen zu installieren: zwei am Balkon im Erdgeschoss, eine am Dachgeschoss. Mit der Ausführung waren die Auftraggeber nicht zufrieden. Sie bemängelten u.a., dass die Bohrlöcher für die Befestigung der Markise am Dachgeschoss unsauber hergestellt sind – an den zur Montage verwendeten Balken sei Holz abgesplittert. Außerdem seien die Markisentücher der Anlagen im Erdgeschoss stark verschmutzt und stellenweise bereits beschädigt. Ferner würden die Anlagen nicht richtig schließen.

Da mit dem ausführenden Betrieb keine Einigung zu erzielen war, landete der Fall vor Gericht. Der hinzugezogene Sachverständige sollte überprüfen, ob und welche Mängel vorliegen.

Schadensbild und -analyse: Markise I im Erdgeschoss

Bei der Begutachtung der ersten Markise im Erdgeschoss stellte der Sachverständige fest, dass der Stoff durch Öle verschmutzt und an der Seite durch einen Riss, der bei der Montage mittels eines Messers oder anderen Werkzeugs entstanden ist, an der Naht beschädigt ist. Des Weiteren hat der Betrieb die Befestigung der Markisenarme am Ausfallprofil verändert. Gemäß den Abriebspuren sind die Arme um 15 Millimeter verschoben – dadurch läuft das Ausfallprofil ungleich und schließt nicht mehr bündig mit dem Kasten ab.

Der zur Steuerung der Markise eingesetzte Rohrmotor ist mittels Motorlager am Seitendeckel der Anlage befestigt. Wie der Sachverständige feststellte, ist das Motorlager allerdings nur mit kleinen Blechschrauben fixiert: Diese haben einen Durchmesser von vier Millimeter und eine Länge von fünf Millimeter – ursprünglich waren sie länger, sie wurden jedoch mit einer Säge abgeschnitten. Durch die nicht fachgerechte Montage besteht dem Sachverständigen zufolge die Gefahr, dass das Motorlager bei Krafteinwirkung abreißt und die Markise unkontrolliert ausfährt, wodurch es zu Schäden kommen kann.

Schadensbild und -analyse: Markise II im Erdgeschoss

An der zweiten Markise im Erdgeschoss stellte der Sachverständige das nahezu identische Schadensbild fest: Der Stoff ist durch Öle verschmutzt, das Motorlager ist nicht fachgerecht befestigt und die Markisenarme sind um 50 Millimeter versetzt am Ausfallprofil angebracht, was zu einem ungleichen Lauf des Profils zum Kasten führt. Da die wirkende Kraft zu groß ist, ist der Markisenstoff überdehnt und an der von vorne gesehen rechten Seite im Bereich des Ausfallprofils die Naht beschädigt.

Schadensbild und -analyse: Markise im Dachgeschoss

Die Kassettenmarkise im Dachgeschoss ist an den bauseitigen Holzbalken befestigt. Um die Wandkonsolen anzubringen, schraubten die Monteure Edelstahl-Gewindestangen mit einem Durchmesser von zwölf Millimeter und einer Länge von 260 Millimeter durch zwei Holzbalken, die in einem Abstand von 120 Millimeter hintereinanderliegen. Wie der Sachverständige in seinem Gutachten festhielt, ist die Montage so nicht fachgerecht ausgeführt. Die Holzbalken biegen sich zur Mitte hin nach innen, so dass der Abstand hier nur noch 60 Millimeter beträgt. Ebenso ist das Holz an den Bohrstellen abgesplittert.

Schlussfolgerung

In seinem Gutachten kommt der Sachverständige zum Schluss, dass bei den beiden Markisen im Erdgeschoss der Markisenstoff getauscht, das Motorlager richtig befestigt und die Markisenarme wieder fachgerecht ausgerichtet werden müssten. Da jedoch das Ausfallprofil und die Markisenarme stark beschädigt sind, empfiehlt er, die Anlagen komplett zu erneuern.

Im Dachgeschoss sind durch die nicht fachgerecht ausgeführte Befestigung der Wandkonsolen Schäden an den Holzbalken sowie an der Kassettenmarkise entstanden. Aufgrund der Durchbiegung von 60 Millimeter sieht der Sachverständige die Stabilität der Holzbalken nicht mehr gewährleistet. Diese seien im Verbund mit dem Hausdach so verbogen, dass ein Statiker sie überprüfen müsse. Aus diesem Grund sei die Markise mitsamt den Konsolen und deren Befestigung zu entfernen. Das beschädigte Holz ist auszubessern.

Das Ausfallprofil der Markise schließt nicht formschlüssig mit dem Kasten ab. Ursächlich ist die durch den ausführenden Betrieb veränderte Befestigung der Markisenarme am Ausfallprofil.
Das Ausfallprofil der Markise schließt nicht formschlüssig mit dem Kasten ab. Ursächlich ist die durch den ausführenden Betrieb veränderte Befestigung der Markisenarme am Ausfallprofil. - © Hochmuth
Das Motorlager ist nicht fachgerecht am Seitenteil montiert. Die Befestigung erfolgte lediglich mit kleinen Blechschrauben.
Das Motorlager ist nicht fachgerecht am Seitenteil montiert. Die Befestigung erfolgte lediglich mit kleinen Blechschrauben. - © Hochmuth
Durch die nicht fachgerechte Montage der Wandkonsolen an den Holzbalken biegen sich Letztere nach innen und weisen zur Mitte hin nur noch einen Abstand von 60 Millimeter auf.
Durch die nicht fachgerechte Montage der Wandkonsolen an den Holzbalken biegen sich Letztere nach innen und weisen zur Mitte hin nur noch einen Abstand von 60 Millimeter auf. - © Hochmuth
Marc Hochmuth ist ö.b.u.v. Sachverständiger der HWK Mannheim für das Rollladen- und Jalousiebauerhandwerk.
Marc Hochmuth ist ö.b.u.v. Sachverständiger der HWK Mannheim für das Rollladen- und Jalousiebauerhandwerk. - © Hochmuth

Einschätzung des Sachverständigen Marc Hochmuth

Der ausführende Betrieb weist gravierende Mängel in der Qualität seiner Arbeit auf. Die festgestellten Mängel gefährden nicht nur die Funktionstüchtigkeit der Markisen, sondern stellen auch ein potenzielles Sicherheitsrisiko dar. Die Nichteinhaltung von Montagevorschriften und die mangelhafte Ausführung lassen auf eine unzureichende Fachkenntnis oder mangelnde Sorgfalt schließen.