Lamellendächer erfreuen sich großer Beliebtheit, da sie Terrassen und Gärten in flexible Wohlfühloasen verwandeln. Der Onlinehandel lockt hier mit vermeintlichen Schnäppchenangeboten. Doch wie sicher sind solche Produkte? Drei R+S-Innungen haben eine Testreihe gestartet und ein erstes Lamellendach gemäß den gültigen Bestimmungen geprüft – mit alarmierendem Ergebnis.

Ein Lamellendach ist keine einfache Anschaffung: Es handelt sich um ein komplexes Produkt, das optisch als auch technisch überzeugen muss. Qualität hat jedoch ihren Preis – was bei Billigangeboten häufig fehlt, ist die Garantie, dass erforderliche Standards wie Normen und Richtlinien eingehalten werden.
Gleiche Spielregeln für alle?
Beim Kauf eines Lamellendachs müssen folglich Zertifikate und Nachweise vorhanden sein, um Qualität und Sicherheit sicherzustellen. Die CE-Kennzeichnung bestätigt, dass das Produkt den europäischen Sicherheitsanforderungen nach DIN EN 13561 entspricht, und ist für alle in der EU vermarkteten Produkte verpflichtend. Die Systemstatik nach DIN EN 1090 regelt die Anforderungen an die Ausführung von Stahl- und Aluminiumtragwerken. Ein nach DIN EN 1090 zertifiziertes Unternehmen gewährleistet, dass die Herstellung des Lamellendachs den europäischen Standards entspricht. Der Statiknachweis bestätigt, dass das Lamellendach den statischen Anforderungen entspricht und den Wind- und Schneelasten standhält. Der Hersteller oder Anbieter muss diese Nachweise bereitstellen, um die Sicherheit zu gewährleisten.
"Leider wird in diesem Bereich mit zweierlei Maß gemessen, denn unsere Innungsfachbetriebe müssen diese Normen und Vorschriften erfüllen, während im Internet sozusagen ein rechtsfreier Raum besteht."
Andre Urban, Obermeister der Kölner R+S Innung
"Leider wird in diesem Bereich mit zweierlei Maß gemessen, denn unsere Innungsfachbetriebe müssen diese Normen und Vorschriften erfüllen, während im Internet sozusagen ein rechtsfreier Raum besteht", sagt der Obermeister der Kölner R+S Innung Andre Urban. "Deshalb überprüfen wir unter Federführung des Sachverständigen Olaf Vögele diverse Dächer, um in Erfahrung zu bringen, ob hier alle erforderlichen Dokumente vorhanden sind, und die Dächer den strukturellen Anforderungen widerstehen können", führt Urban fort.
Regen, Wind und Schnee
Regendicht beschreibt die Eigenschaft einer Baukonstruktion, das Eindringen von Regenwasser unter bestimmten Bedingungen zuverlässig zu verhindern. Dies bedeutet, dass die Oberfläche oder Struktur so gestaltet ist, dass Wasser weder durch Ritzen, Fugen, Poren noch durch andere potenzielle Schwachstellen eindringt. Die Dichtheit muss auch bei schräg auftreffendem Regen oder starkem Wind gewährleistet sein.
Die Definition und Berechnung von Schneelasten für Lamellendächer basiert auf spezifischen Normen, insbesondere den Eurocodes, um die Sicherheit und Tragfähigkeit der Konstruktion zu gewährleisten. Die Schneelast für ein Lamellendach hängt von der regionalen Schneelastzone ab. Hersteller müssen durch statische Berechnungen und Normenkonformität (z. B. nach Eurocode EN 1991-1-3) nachweisen, dass ihr Produkt für die vorgesehenen Lasten geeignet ist.
Das bedeutet für den Onlinehandel Zone 3 mit > 1,10 kN/m2 (112 Kilogramm), da die Produkte deutschlandweit verkauft werden. Bei der zusätzlichen Anbringung von seitlichen Zip-Screens oder Glasschiebeelementen müssen die entstehenden Windlasten in der Statik berücksichtigt sein.
Der definierte Testablauf
Das Lamellendach aus dem Onlinehandel wurde nach der beiliegenden Montage- und Gebrauchsanleitung aufgebaut, und für den Regentest mittels Rohrkonstruktion gleichmäßig bewässert. Im Ergebnis zeigten sich bereits bei einer Wassermenge von 50 Litern pro m2/h Probleme mit der Dichtigkeit der einwandigen Lamellen mit einer Materialstärke von einem Millimeter bzw. mit dem Überlaufen der Innenrinnen. Für den Schneelasttest mit Wasserbecken wurden die Lamellen nach Gebrauchsanweisung geöffnet.
Auch bei geöffneten Lamellen kam es zur Schneedecke auf den Lamellen, die sich durch eine Kombination von physikalischen und meteorologischen Faktoren bilden kann. Die Wasserbecken wurden über einen Turbinenradzähler als Meßgerät gleichmäßig befüllt. Die Struktur versagte bei ca. 58 kg/m2. Die seitliche Kombinationslast Wind durch den mitgekauften Zip-Screen konnte aufgrund des Versagens nicht mehr getestet werden.
Schulnote 6: Keine Kaufempfehlung
"Nicht regendicht, beim Schneelasttest vor der Mindestanforderung (66 kg/m2) versagt, Gefahr für Leib und Leben, falsches CE-Zeichen und keine Dokumente zur Statik", resümiert der Sachverständige Vögele, und vergibt die Note 6 wegen ungenügender Sicherheit der Struktur, und damit ausdrücklich keine Kaufempfehlung für das getestete Produkt aus dem Onlinehandel.
"Das Angebot von Pergolen mit Lamellen (Terminologie DIN EN 12216), allgemein Lamellendächer genannt, ist äußerst vielfältig", ergänzt er. "Bei der getesteten Größenordnung liegen Preise je nach Hersteller bei ca. 1.200 bis 15.000 Euro. Im Onlineangebot auf Social Media dominieren günstige Varianten. Bei Autos gibt es auch entsprechende Preisspannen, aber immer eine Zulassung durch das Kraftfahrtbundesamt (KBA). Bei Billigdächern wie in diesem Fall fehlen alle Nachweise." Weitere Tests seien bereits in Planung.