Das Thema mentale Gesundheit gewinnt immer mehr an Bedeutung. Eine Expertin für Mitarbeitergesundheit erklärt in einer Artikelreihe, worauf Führungskräfte achten sollten, um körperlich wie geistig gesund zu bleiben. In diesem Teil geht es um Stressbewältigung und einen gesunden Lebensstil.

Die steigenden Belastungen und die Schnelllebigkeit in der heutigen Geschäftswelt zeigen, wie wichtig es ist, effektives Stressmanagement zu betreiben. "Dieses lässt sich ganz einfach in kleinen Schritten und als fester Bestandteil des alltäglichen Lebens pflegen", erläutert Mariam Tanno, Expertin im Bereich Mitarbeitergesundheit. Aufbauend auf Selbstwahrnehmung und Beobachtung stressverschärfender Glaubenssätze lasse sich mentale Gesundheit mit gesunden Gewohnheiten im Alltag stärken.
Neue Gewohnheiten etablieren
Die Veränderung des Gesundheitsverhaltens ist individuell und verläuft phasenförmig. "Es kann daher sein, dass die Phase, in der Selbstwahrnehmung neu erlernt werden muss, deutlich länger anhält als die Phase der Etablierung neuer Gewohnheiten", betont Tanno. "Außerdem ist es vorstellbar, dass sportliche Betätigung und gesunde Ernährung bereits Bestandteil des Alltags sind, jedoch die Aufrechterhaltung dieser angepassten Rituale eine große Herausforderung darstellt."
Das Wissen um diesen Phasenverlauf sei wichtig, um die Akzeptanz von vermeintlichen Rückfällen zu steigern. Die folgenden Techniken und Ansätze helfen dabei, das multimodale Stressmanagementkonzept in realistischer Form, individuell an jeden Menschen angepasst, umzusetzen.
#1: Sport und Bewegung
"Sport und Bewegung sind eine basale Strategie zur Bewältigung von Stress", sagt Tanno. "Die Arbeitswelt ist in vielen Fällen nicht mehr an unsere körperlichen Bewegungsbedürfnisse angepasst, sodass Bewegungsmangel und sitzende Tätigkeiten die Leistungsfähigkeit verringern und den Körper sogar anfällig für Krankheiten machen. Die positiven körperlichen sowie psychischen Auswirkungen regelmäßiger sportlicher Aktivitäten sind wissenschaftlich ausreichend belegt und sollten daher wichtiger Bestandteil alltäglicher Gewohnheiten werden, um akuten Stress zu reduzieren."
Durch Sport und Bewegung werde die bei Kampf- und Fluchtverhalten zur Verfügung gestellte Energie verbraucht und die Widerstandskraft in Stresssituationen erhöht. Dies führe dazu, dass jeder Einzelne gelassener werde, gesteigerte Lebensfreude empfinde und mehr auf die eigenen Kompetenzen vertraue. Tanno: "Das ist essenziell für eine Führungskraft."
#2: Ausgewogene Ernährung
Ein weiterer Punkt bei der Stressbewältigung ist die Ernährung. Häufig nehmen sich die Menschen kaum Zeit für die Nahrungsaufnahme und greifen schließlich zu ungesunden Lebensmitteln. "Dabei hat eine hohe Energie- und Nährstoffdichte im Essen eine bedeutende Auswirkung auf die physische wie auch die psychische Gesundheit", so die Fachfrau. In der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) zählt die Ernährung zu einer der fünf tragenden Säulen. Dieser wird eine therapeutische Wirkung zugesprochen. Wer nicht an das energetische Konzept, das sogenannte Qi glaube, kann sich laut Tanno an den wissenschaftlichen Erkenntnissen orientieren, die einer ausgewogenen Ernährung eine wichtige Bedeutung beimessen.
"Ernähren wir uns zu einseitig oder vergessen das Essen, kann sich das in zweifacher Hinsicht negativ auswirken, denn im Stressstoffwechsel benötigt unser Organismus deutlich mehr Energie", erklärt die Expertin. Würden essenzielle Makro- und Mikronährstoffe über einen längeren Zeitraum nicht zugeführt, fehle dem Körper der Brennstoff, um zu funktionieren. Dies könne sich in Symptomen wie Erschöpfung, verminderter Leistungsfähigkeit, Konzentrationsstörungen, Infektanfälligkeit, Magenbeschwerden oder auch als Burn-out bemerkbar machen.
Folgende Ernährungstipps empfiehlt die Fachfrau zur Stressbewältigung:
- hoher Anteil an komplexen Kohlenhydraten (Kartoffeln und Vollkornprodukte)
- geringer Anteil an zuckerhaltigen Lebensmitteln
- Alkohol vermeiden
- hochwertige pflanzliche und tierische Eiweiße
- Nüsse, Samen und Früchte (vitamin- und mineralstoffreich)
- regelmäßige Mahlzeiten
- energiereiche erste Mahlzeit am Morgen (wichtig für den Hormonhaushalt)
- Hunger als Warnzeichen verstehen (intuitives Essen)
Die Anti-Stress-Ernährung reduziert Heißhungerattacken und lässt sich als Teil des Genusstrainings sehen.
#3: Schlafhygiene
Das dritte Lifestyle-Thema zur Stressreduktion im Berufsleben ist die Schlafhygiene. "Ist der Alltag auf Dauer von Stress und fehlenden Auszeiten geprägt, kann sich dies nicht nur auf die Schlafqualität auswirken, sondern auch Schlaf verhindern", sagt Tanno. Dieser Umstand sei auf den veränderten Hormonhaushalt zurückzuführen. Denn ein zu hoher Cortisolspiegel hindere den Körper daran, zur Ruhe zu kommen. ,"Noch ein Grund mehr, kognitive Stressreduktion und Entspannungstechniken in den Alltag zu integrieren und so den Cortisolspiegel zu regulieren", erläutert die Expertin. Die folgenden Regeln helfen nach ihren Angaben bei einem gestörten Schlafrhythmus:
- Entspannungsrituale vor dem Zubettgehen (leise Musik, meditieren, lesen)
- Schlafumgebung: ruhig, dunkel, kühl, und eine bequeme Matratze
- begrenzte Bildschirmzeit
- spätes Essen vermeiden oder eher leichte, gesunde Snackoptionen
- progressive Muskelentspannung
- Atemübung vor dem Schlafen
- Entwickeln eines Schlafrituals
- bei Schlaflosigkeit: aufstehen, Raum verlassen, Entspannung herbeiführen und erneut versuchen
- Alkohol und Nikotin vermeiden
Über Mariam Tanno
Mariam Tanno vereint Praxis und Theorie. Nach jahrelanger Kommunikationserfahrung in Bereichen wie Projektleitung in der Klinik für Psychiatrie Bonn, Moderation ethischer Fallbesprechungen und Dozententätigkeit bietet die Expertin Führungskräfteseminare mit Schwerpunkt Stressmanagement und Burnout-Prävention durch gesunde Kommunikation an.
www.mariamtanno-gesundefuehrung.de