Das steckt hinter dem beschlossenen Schritt der Mitglieder Unruhe beim BVRS: Innung Düsseldorf tritt aus

Paukenschlag in der Branche: Die Innung Rollladen- und Sonnenschutztechniker-Handwerk Düsseldorf hat mit 14 : 1 Stimmen bei einer Enthaltung beschlossen, zu Ende 2017 aus dem Bundesverband Rollladen + Sonnenschutz (BVRS) auszutreten. sicht+ sonnenschutz hat die Beteiligten beider Seiten nach den Hintergründen der Entscheidung gefragt und berichtet für seine Leser.

Traditionell startete die Haupttagung des Bundesverbands Rollladen + Sonnenschutz (BVRS) vom 23. bis zum 25. Oktober 2015 in Nürnberg mit einer Pressekonferenz in ihren öffentlichen Teil; am Podium saßen Präsident Georg Nüssgens, Georg Braun als Obermeister der Innung Nordbayern, IVRSA-Chef Hermann Frentzen, Geschäftsführer Christoph Silber-Bonz, Moderator Herbert Blume (v.li.n.re.). - © Kober

Einen Beschluss zum Austritt hatte die Mitgliederversammlung der 56 Betriebe umfassenden Innung im September 2016 in Mönchengladbach gefasst. Es habe mehrere Punkte für den Austritt gegeben, aber ein Hauptgrund sei die Unzufriedenheit der Mitglieder mit der Technischen Beratung des BVRS. "Unsere Betriebe haben ihre Unzufriedenheit mit der Qualität der Technischen Beratung des BVRS mehrfach beim Verband angesprochen. Allerdings gab es keine konkrete Rückmeldung von Verbandsseite", erläutert Heinz Banzhaf, Obermeister der Innung Düsseldorf und Geschäftsführer von Banzhaf Rollladen & Sonnenschutz, im Gespräch mit sicht+sonnenschutz. Die Innung habe dem BVRS eine Liste mit Forderungen übergeben. Die Technische Beratung sei für viele Betriebe ein Hauptgrund für die Mitgliedschaft im Bundesverband, betont Banzhaf.

Gründe für den Austritt

Sein Kollege Markus Müllers von Rollladen Müllers, Delegierter der Düsseldorfer Innung, bestätigt die Bedeutung des Technischen Kompetenzzentrums (TKZ): "Diese Beratungsleistung ist für unseren Betrieb die wichtigste Leistung des BVRS. Wir brauchen verbindliche Aussagen bei technischen Problemen, mit denen wir Kunden bei
Reklamationen möglichst rechtssicher entgegentreten können." Die restlichen Leistungen des Verbands wie Werbekampagnen und Ausbildungsunterstützung seien sinnvoll, aber nicht ausschlaggebend für Rollladen Müllers. Deshalb fordert die Innung Düsseldorf vom Präsidium und dem Hauptgeschäftsführer des BVRS die Steigerung der Fachkompetenz in der Technischen Beratung. "Ob das mit der bestehenden Mannschaft gelingt, beurteilen wir im Vorstand der Innung skeptisch", sagt Müllers. Banzhaf bestätigt diese Auffassung: "Wir brauchen im TKZ einen Fachmann oder eine Fachfrau mit jahrelanger Erfahrung in der Praxis und einem Meistertitel in unserem Gewerk."

Probleme benannt

Müllers nennt einen konkreten Fall aus dem eigenen Unternehmen: "Bei einem großen Kunden hatten wir das Problem, dass er Rollläden vor dem zweiten Rettungsweg haben wollte. Die Klärung mit dem TKZ hat so lange gedauert, dass wir Verzögerungen auf der Baustelle verursacht haben und den Kunden danach auch erstmal verloren
hatten." Eine definitive Aussage, die er dem Kunden schicken konnte, habe er sich aus den diversen eher unpräzisen Aussagen selbst zusammengeschrieben. Es handle sich nicht um eine spontane, persönliche Entscheidung. Mehr als vier Jahre hätten Müllers und andere Vertreter der Innung Düsseldorf die Unzufriedenheit vieler Innungsbetriebe mit verschiedenen Dingen angesprochen. "Auf BVRS-Jahrestagungen und Mitgliederversammlungen haben wir diese Punkte und unsere Auffassung mehrfach mit Kollegen, dem Vorstand und dem Hauptgeschäftsführer des BVRS besprochen", berichtet Müllers. Einen weiteren Fall nennt Andreas Schmitz, Geschäftsführer von Rollladenbau
Schmitz aus Bedburg-Hau. Im April 2016 stellte er eine telefonische Anfrage an das TKZ zur DIN 18104-2, betreffend die Nachrüstung von innen liegenden Sicherheits-Fensterbeschlägen, ob das TKZ die Aussage von Sachverständigen bestätigen könne, dass Fensterblendrahmen bei der Nachrüstung druckfest zu hinterlegen seien. "Bedauerlicher weise warten wir noch bis heute auf eine Rückantwort seitens des TKZ", sagt Schmitz.

Stellungnahme des BVRS

"Wir stimmen mit der Innung Düsseldorf überein, dass das Technische Kompetenzzentrum ein zentraler Bestandteil des Dienstleistungsangebots unseres Verbands ist. Die Innungsmitglieder haben ein Anrecht auf eine hochwertige und fundierte Beratung, und ebenso ist es unverzichtbar, dass wir kompetent in den Gremien vertreten sind, in denen die Rahmenbedingungen für die Arbeit im Rollladen- und Sonnenschutztechniker-Handwerk festgelegt werden", erklärt BVRS-Präsident Georg Nüssgens in einer Stellungnahme zu dem Beschluss. Das Präsidium werde zeitnah ein Konzept erarbeiten und umsetzen, um das TKZ zu stärken. BVRS-Hauptgeschäftsführer Christoph
Silber-Bonz räumt ein, dass die Innung Düsseldorf ihren Unmut über die Technische Beratung zur Sprache gebracht hat. "Wir haben mit der Innung Düsseldorf und dem Landesinnungsverband Nordrhein-Westfalen über dieses Thema gesprochen." Der Verband wolle das TKZ stärken und habe im April 2016 mit Marcus Baumeister einen zusätzlichen Technischen Referenten eingestellt. "Wir sollten Marcus Baumeister Zeit geben, die Meisterschule in den kommenden Monaten abzuschließen und sich dann einzubringen. Wir arbeiten daran, unsere Technische Beratung noch deutlich zu verbessern, und daran, in Gesprächen mit der Innung eine Lösung zu finden", sagte Silber-Bonz
im Gespräch mit sicht+sonnenschutz. Eine weitergehende Einschätzung des Präsidenten und des Hauptgeschäftsführers lesen Sie im exklusiven online Interview.

Das sagen andere Innungen

"Ich finde es schade, dass die Innung Düsseldorf sich für diesen Schritt entschieden hat. Sicherlich gibt es von einigen Innungen immer wieder mal Kritikpunkte an der Arbeit des BVRS und dabei wurde das Kompetenzzentrum öfters erwähnt", sagt Georg Braun, Obermeister der Innung Rollladen und Sonnenschutz Nordbayern und Geschäftsführer von Rolladen Braun. Trotzdem sollten Kritiker solche Dinge immer direkt mit den Verantwortlichen besprechen und dort nach Lösungen suchen. "Ich bin überzeugt, dass der
BVRS und das Präsidium gemeinsam mit der Innung Düsseldorf eine Lösung finden und wir eine starke Gemeinschaft bleiben", sagt Braun.

Aufruf zu Geschlossenheit

BVRS-Präsident Georg Nüssgens macht deutlich, dass der Bundesverband großen Wert auf den intensiven und konstruktiven Dialog mit der Innung Düsseldorf lege, und appelliert insbesondere an die Geschlossenheit innerhalb des Rollladen- und Sonnenschutztechniker-Handwerks. In diesem Sinn hatten sich die Mitglieder des
BVRS-Präsidiums auch bereits im Vorfeld der Abstimmung in einem Schreiben an alle Mitglieder der Innung Düsseldorf gewandt, in dem sie u.a. ausführten, dass Verbandsarbeit weitaus mehr sei als die Technische Beratung der Mitglieder: "Wir vertreten gemeinsam ein traditionsreiches Handwerk mit eigenem Ausbildungsberuf, hohem Ansehen und breit anerkannter Kompetenz. Damit dies so bleibt, sind wir gemeinsam gefordert, für unsere Belange zu kämpfen und nach außen Geschlossenheit zu demonstrieren." Erfolgreiche Interessenvertretung funktioniere nur, wenn Fachbetriebe, Innungen und Bundesverband zusammenstehen. Banzhaf teilt die Einschätzung der großen Bedeutung einer gemeinsamen Interessenvertretung des R+S-Handwerks; letztlich habe aber die Situation der Technischen Beratung des BVRS den Ausschlag für den Austrittsbeschluss gegeben.

So geht es weiter

Silber-Bonz erwartet keine weiteren Austrittsentscheidungen anderer Innungen: „Ich befürchte keinen Flächenbrand an Austritten, der sich auf weitere Innungen ausbreitet. Der Beitritt der Innungen Thüringen und Baden zum BVRS zeigt eine gegenteilige Entwicklung.“ Banzhaf sieht die Chance auf eine Einigung zwischen Bundesverband und der Innung Düsseldorf: "Wir haben dem BVRS bewusst eine Tür offengelassen. Der Austritt wird erst zum 30. Dezember 2017 wirksam." Bis dahin hätte der Verband Zeit, eine Lösung für die genannten Punkte zu finden. "Wir wollen eigentlich nicht austreten und möchten langfristig im BVRS bleiben. Allerdings nur, wenn das Präsidium und die Geschäftsführung unsere Forderungen nicht länger ignorieren", betont Müllers. Silber-Bonz signalisiert Gesprächsbereitschaft: "Wir nutzen die BVRS-Haupttagung 2016 in Hamburg für Gespräche mit den Mitgliedern, um Lösungen zu finden und Stimmungen einzufangen." Der Vorstand der Innung Köln Rollladen und Sonnenschutz hat
entschieden, auf der Mitgliederversammlung am 18. November 2016 über einen Austritt aus dem BVRS zum 31. Dezember 2017 zu diskutieren und abzustimmen. "Alle anderen bisherigen Versuche, Dinge zu ändern, haben leider nicht funktioniert, deshalb haben wir uns für diese Vorgehensweise entschieden", sagt Andre Urban, Obermeister
der Innung Köln und Geschäftsführer von Rolladen Handel Porz.