Schadensfall 1/2016 Ohne Fachkräfte auf der Baustelle droht die Insolvenz

In einem aufwändigen Villenneubau sollten Handwerker Aluminium-Fensteranlagen mit konventionell ausgeführten Rollläden im Sturzkasten montieren. Dabei ignorierten die Mitarbeiter auf der Baustelle Bestellfehler bei den Produkten und zogen die Installation ohne Rücksicht auf Verluste durch.

Die Laufschienen der Rollläden hatten die Monteure unpräzise auf der Baustelle abgesägt. - © Müller

Im Vorfeld diskutierten Auftraggeber und der ausführende Betrieb über U‐Werte und Einbruchschutz; letztlich entschied aber offensichtlich der Preis. Der Fensterhändler lieferte die Aluminiumrollläden eines bekannten Herstellers nahezu ohne Aufschlag mit den Fenstern und montierte diese auch. Die Rollladenkastenverkleidung sollte der
Montagebetrieb in Aluminium optisch passend zu den Fenstern ausführen.

Schadensbild

Leider orderte der Unternehmer die Rollläden mit dem falschen Höhenmaß und musste sie auf der Baustelle ändern. Nach Lieferung und Montage bemängelte der Kunde:
- Laufschienen in unterschiedlicher Länge
- am oberen Laufschienenabschluss sind große Öffnungen zu sehen
- die Rollladenbehänge weisen großflächigen Abrieb am Aluminium sowie auffällige Ziegelstaubablagerungen auf
- beim Betätigen der Rollläden laute Geräuschkulisse

Die Parteien lösten ihre Probleme nicht einvernehmlich. Stattdessen musste ein Sachverständiger den Fall klären.

Hintergrund

Dem Kunden hatte der Unternehmer zunächst die Fenster/Rollladen-Kombinationen als problemlose Hightechelemente in bestmöglicher Lieferqualität verkauft. Die beiden Hersteller, sowohl des Fenstersystems als auch des Rollladens, waren dem Bauherrn positiv bekannt. Der preiswerte Fensterlieferant hatte die Fenster eingebaut und
anschließend festgestellt, dass er die Rollläden alle zu hoch bestellt hatte. Als Lösung kürzte der Betrieb die Laufschienen, baute die Konstruktion aber nicht korrekt ein – die Behänge klemmten. Ohne Rücksicht auf Verluste entfernten die Handwerker die im Sturzkasten vorhandene Dämmung, damit die Behänge abrollten. Im darauffolgenden
Winter zeigten sich zunächst rote Flecken und anschließend Abrieb zum Material hin. Auf die Mängelrügen reagierte der Fensterbauer nicht. Vermutlich aus Kostenüberlegungen und mit dem Wissen um die fehlende Dämmung gab er dem Motto „Augen zu und durch“ den Vorzug. Am gemeinsamen Ortstermin der Parteien mit dem Sachverständigen nahm der ausführende Betrieb nicht teil.

Schadensanalyse

Bei der Rollladenbestellung hatte der Betrieb die Abmessungen von Elementmaß und lichter Höhe verwechselt. Er hatte das Maß der lichten Öffnung im Rohbau als lichtes Maß an den Rollladenlieferanten weitergegeben. Die Laufschienen und Behänge fertigte der Hersteller daher alle um zirka 25 Zentimeter zu hoch. Die fachunkundigen
Monteure hatten die Laufschienen unpräzise abgesägt, aber die seitlich mit Endstücken arretierten Behänge in einem Stück belassen; der Ballendurchmesser vergrößerte sich. Anschließend entfernten die Installateure die Dämmung aus der außen liegenden Sturzschürze und gewährleisteten damit mehr schlecht als recht den freien Ablauf der Behänge. Nach wenigen kälteren Monaten vergrößerten sich die Ballen infolge der nun gestiegenen Reibung der Behänge insbesondere im Scharnierbereich weiter.

Gleichzeitig lagerte sich der freiliegende Ziegelstaub nach dem rüden Dämmungsausbau zwischen den Stäben ab und verschärfte die Zunahme des Ballendurchmessers. Folgerichtig rieb der Behang nun zunächst in der Aufwärtsbewegung an der vorderen Sturzebene. Mit ständig zunehmendem Staubabtrag und damit gleichzeitig
zunehmendem Ballendurchmesser verstärkte sich dieser Effekt fortwährend, bis die Profile gänzlich am Aluminium abgerieben waren und die Elemente anschließend endgültig versagten. Bei der Ortsbesichtigung deckte der Gutachter das Schadensausmaß nun in vollem Umfang auf.

Lösung

Der ausführende Betrieb musste nicht nur die Behänge gegen entsprechend kürzere und im Ballendurchmesser angepasste Produkte austauschen. Zusätzlich musste eine Fachfirma die Sturzkästen selbst aufwändig sanieren und nachdämmen. Die Kosten für die Mängelbeseitigung überstiegen im Ergebnis das ursprüngliche Auftragsvolumen um einen beträchtlichen Betrag. Als direkte Folge musste der Fensterbauer Insolvenz beantragen.