Blitzinterview 5-21 Meyer: "Häufig werden technische Lösungen nicht sinnvoll eingesetzt"

Dr. Christoph Meyer Vorsitzender der Jury für die R+T Innovationspreise, sprach mit sicht+sonnenschutz über die Bedeutung von modernem Sonnenschutz in den Bereichen Raumklima, Energieeffizienz und Technikreduzierung.

Dr. Christoph Meyer ist geschäftsführender Gesellschafter des Ingenieurbüros für Bauklimatik in Kassel. - © IB Bauklimatik

sicht+sonnenschutz: Dr. Meyer, Sie sind Vorsitzender der Jury für die R+T-Innovationspreise. Ihr Ingenieurbüro be trach tet Gebäude, Nutzereinflüsse und außenklimatische Rand bedingungen als Gesamtsystem und berät zu Raumklima, Energieeffizienz und Technikreduzierung. Welche Rolle spielt dabei der moderne Sonnenschutz?

Meyer: Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass die Branche sehr findig ist. Aber es kommt häufig vor, dass technische Lösungen nicht sinnvoll eingesetzt werden.

sicht+sonnenschutz: Was meinen Sie damit konkret?

Meyer: Nehmen Sie z.B. den Wärmeschutz im Sommer. Da geht es um natürliche Lüftung und Sonnenschutz. Es gibt Fälle, da werden im außen liegenden Sonnenschutz Raffstores mit dunklen oder schwarzen Lamellen realisiert. Die heizen sich natürlich durch die Sonne auf. Das ist wenig hilfreich.

sicht+sonnenschutz: Was muss passieren?

Meyer: Die Architekten und Bauherren sind am Zug. Eine Kombination aus natürlicher Lüftung und Sonnenschutz ist schwierig, zugegeben. Aber Lamellen mit dunklen Farbtönen, das geht einfach nicht.

sicht+sonnenschutz: Geht die Produktentwicklung der Sonnenschutzbranche in die richtige Richtung, um den Anforderungen für mehr Klimaschutz gerecht zu werden? Oder anders gefragt: Welches Produkt vermissen Sie bisher noch?

Meyer: Die Auswahl ist groß, die Branche ist, wie gesagt, einfallsreich. Große Defizite kann ich nicht erkennen. Im Vergleich zu den Innovationspreisen auf der vergangenen R+T haben sich auf der R+T digital die Trends fortgesetzt. 2018 sorgte ein textiler Sonnenschutz aus Recyclingmaterial für Auf merk samkeit. Dieses Jahr gab es mehrere Produkte dieser Art. Das gilt auch für die Themen Beschichtung, Luftreinigung und Rollgitter.

sicht+sonnenschutz: Der Großteil der Immobilien sind Bestandsgebäude. Bund und Länder fördern seit Jahren die energetische Sanierung mit Millionensummen. Ist das langfristig ausreichend, um die gewünschten Effekte zu erreichen?

Meyer: Diese Frage stellt sich immer wieder. Allein mit einer Investitionsförderung wird man auf lange Sicht nicht die gewünschte Entwicklung erreichen. Das zeigt die Erfahrung. Eigentümer, die eine Immobilie selbst nutzen, können zu nichts verpflichtet werden. Wenn Maßnahmen stattfinden, dann eher aus eigenem Idealismus. Ändern wird sich das vermutlich, wenn sich mit weiter steigenden Energiepreisen das Kosten-Einsparungs-Verhältnis weiter verschiebt.