Markisen als prägendes Stilelement - und in 20 Jahren? Mein Haus, mein Garten, meine Markise

Marktführende Markisenhersteller beanspruchen das Thema Gestaltung als Kernkompetenz für sich. Worauf es bei der Konstruktion moderner Markisen heutzutage ankommt und ob Pergola-Lösungen dem traditionellen Schattenspender tatsächlich den Rang ablaufen, lesen Sie hier.

Die Markise entwickelt sich mehr und mehr zu einem prägnanten Stilelement an der Fassade. Das Bild zeigt die Design-Markise Livona. - © Weinor

Wie arbeiten Markisen-Designer eigentlich? Einer, der das wissen muss, ist Andreas Kramer. Kramer, studierter Industriedesigner, lehrt seit 2001 nicht nur als Professor an der Hochschule für Künste in Bremen das Fach Produktdesign (CAD), sondern entwickelt freiberuflich als Designer auch Markisen für den Hersteller Markilux. „Bei der Entwicklung einer Markise arbeite ich eng mit der Marketing- und der Konstruktionsabteilung zusammen. In der Regel gibt es ganz klare Vorgaben an die praktische Funktionalität, die Zielgruppe und natürlich an die Wirtschaftlichkeit eines neuen Produkts.“ Die Aufgabe des Gestalters bestehe darin, den meist engen Rahmen bis an seine Grenzen oder besser noch – mit
überzeugenden Argumenten – darüber hinaus auszuschöpfen. „Auf diese Art und Weise können häufig innovative Elemente in ein neues Produkt einfließen“, sagt der 49-Jährige im Gespräch mit sicht+sonnenschutz. Eine ebenso große Herausforderung sei es, in dem eng gesteckten Rahmen „neue formale Aspekte zu finden“. In aller Regel entstünden zunächst mehrere Entwürfe, die unter den Vorgaben bewertet, verfeinert und schließlich final ausgearbeitet werden. Kramer: „Dabei begleitet der Designer den Entwurf bis zur Serienreife und unterstützt den Konstrukteur auch bei Detail-Lösungen.“ Bei Weinor in Köln verfolgen die Verantwortlichen bei der Konstruktion einer Markise das Konzept, technische Elemente wie Elektronik, Steuerung oder Seilspannung immer mehr in den Markisenkasten zu integrieren. So gewährleiste der Anbieter eine ästhetische Einheit, ohne dass es noch links, rechts,
oben oder unten konstruktive Anhängsel gebe. Geschäftsführer Thilo Weiermann sagt: „Markisen werden kompakter, und die Technik wird intelligent versteckt. Die pure Optik des Tuchs steht im Vordergrund.“ Die eingesetzte Technik müsse in erster Linie qualitativ hochwertig und langlebig sein, damit Endkunden möglichst wenig Ärger mit ihrem Sonnenschutz haben. „Das werden wir immer weiter verbessern.“

Genau hinhören, was der Endkunde wünscht

Laut Weiermann übernimmt eine Markise mehr denn je die Rolle eines prägenden Stilelements an der Fassade. „Erwünscht ist eine puristische, zeitlose Formgebung, die zu unterschiedlichen Fassadentypen passt.“ Damit auch Stoffe und Farben des Markisentuchs den Kundenwünschen entsprechen, schwärmen die Designer von Stoffhersteller Dickson immer häufiger aus, um Trends aufzuspüren. Dickson-Deutschland-Chef Lars Rippstein erklärt im Gespräch mit unserer Fachzeitschrift: „Unsere Designer sind inzwischen fast
genauso oft außer Haus anzutreffen wie im Inhouse-Studio. Sie besuchen internationale Design-Messen, von denen die wichtigsten für die Branche selbstverständlich nach wie vor in Europa stattfinden.“ Gefragt seien hier Deko-Trends genauso wie Garten- und Camping- oder Freizeit-Themen. Rippstein stellt klar, dass die Zeiten, in denen es für eine neue Kollektion ausgereicht habe, Farben neu miteinander zu kombinieren, vorbei sind. „Stattdessen wünschen sich die Kunden wirkliche Produktneuheiten, die qualitativ auf höchstem Niveau angesiedelt sind.“ Auch deshalb arbeiten die Dickson-Designer verstärkt mit ihren Kollegen aus dem Produktmanagement zusammen und besuchen Kunden vor Ort. „So
bringen wir im Austausch Bedürfnisse und technische Lösungen unter einen Hut“, sagt der Dickson-Chef und verweist auf die Kollektion Area+ aus seinem Haus, bei der es gelungen sei, eine Produktfamilie zu entwickeln, die die Erwartungen der Endkunden erfülle.

Was die technische Konstruktion einer Markise angeht, ist auch Michael Gerling, technischer Leiter des Markisenwerks von Markilux, überzeugt: „Die Markisen werden sich in den nächsten Jahren immer mehr zum Designobjekt entwickeln. Hier werden zukünftig die Formensprache und das Design entscheidend sein.“

„Markisen werden zum Designobjekt“

Der Grund: Immer dickere Fassadendämmungen erforderten auch bei der Entwicklung von Markisen zukünftig neue Lösungen. In den Fokus rücken Gerlings Aussage zufolge zunehmend Markisensysteme, die unabhängig von Wänden und Fassaden angebracht werden können. Stichwort Pergola-Lösungen. Gerling: „Die Pergola-Markisen vereinen Komfort und Funktionalität, verbunden mit einer hohen Wetterbeständigkeit. Sie eignen sich für den privaten und gewerblichen Bereich und werden selbst den extremen Anforderungen der Gastronomie gerecht.“ Ergänzt durch Senkrechtmarkisen und Heizsysteme entstünden auf diese Weise teilweise flexible textile Raumkonzepte, die den Aufenthalt auf einer Terrasse dann weitgehend unabhängig vom Wetter machen. Durch die Befestigung des Markisengehäuses an der Wand und die Abstützung der Führungsschienen durch die senkrechten
Säulen gelinge es, die auf die Anlage einwirkenden Windkräfte gut aufzufangen. „Aus diesem Grund eignen sich Pergola-Markisen auch zur Montage an stark wärmegedämmten Fassaden, an denen die Befestigung einer Gelenkarmmarkise unter diesen Voraussetzungen manchmal nur schwierig möglich ist. Der Vorteil einer Pergola-Markise im Vergleich zu einer Gelenkarmmarkise besteht in der Möglichkeit, wesentlich mehr Ausfall bzw. Tiefe zu erzielen.“ Durch die Option, die vorderen Stützen abzusenken, sei auch bei großen Ausfällen im Fall von Niederschlag kontrollierter Wasserablauf möglich. Ähnlich argumentiert Martina Lucas, Abteilungsleiterin für Sonnenschutz und Metalltore bei Lucas Fenster & Sonnen -
schutzsysteme in Lingen: „Zum einen wünschen die Anwender einen vielseitigen Sonnenschutz für alle Wetterlagen, zum anderen hat sich die Bauweise verändert. Bei den aktuellen
Neubauten mit bis zu 30 Zentimeter WDVS ist die Montage einer Gelenkarmmarkise mit großen Abmaßen nicht ganz unproblematisch.“ Dickson-Deutschland-Chef Rippstein nimmt den Wunsch nach „neuen Lebensräumen“ für draußen wahr. „Geschützt vor Sonne, Wind und Regen ist das insbesondere bei den immer zahlreicher werdenden finanzkräftigen Best-Agern sehr gefragt. Wir sind daher aufgefordert, auch mit unseren Sonnenschutzgeweben neue Lösungen zu finden, die einerseits Wetterschutz bieten, die andererseits
aber auch leicht und luftig nach Freizeit aussehen.“ R+S-Fachmann Reinhard Felser ist trotz neuer Lösungen überzeugt: „Die klassischen Markisen für Terrasse, Balkon, Fenster und
Wintergarten bleiben in jedem Fall gefragt. Wesentliche Änderungen wird es dabei voraussichtlich nicht geben, sehr wohl aber technische Verbesserungen sowie attraktive Designlösungen.“ Kerstin Pätzold