Schadensfall 5/2018 Im Krankenhaus ist besondere Sorgfalt gefragt

Bestimmte Personenkreise sind besonders schutzbedürftig. Wenn die Automatiktür dann nicht den geltenden technischen Richtlinien entspricht, zieht der Betreiber vor Gericht schnell den Kürzeren – und im Anschluss der beauftragte Fachbetrieb.

© Macal

Eine Patientin hatte sich in einem Krankenhaus Verletzungen zugezogen, als sie eine mit Elektromotor angetriebene Teleskopschiebetür im Bereich der Intensivstation durchqueren wollte. Um Schadensersatzforderungen abzuwenden, zog die Klinik vor Gericht – in der Annahme, die Tür habe ordnungsgemäß funktioniert.

SCHADENSBILD

Der hinzugezogene Sachverständige sollte überprüfen, ob die Teleskopschiebetür tatsächlich den zum Zeitpunkt des Unfalls im Jahr 2008 geltenden technischen Richtlinien entsprach. Beim Ortstermin stellte er fest, dass der sog. Druckwellenschalter keine Testung durchführte, wie sie seit 1984 durch die BG-Richtlinie ZH 1/494 vorgeschrieben war. Die vorgenommene Kraftmessung ergab, dass die zulässigen Kräf te nach DIN 18650, Tabelle 1, klar überschritten wurden.

HINTERGRUND UND SCHADENSANALYSE:
DRUCKWELLENSCHALTER

Des Weiteren fehlten weitere Schutzeinrichtungen, wie sie nach DIN EN 12453:2000 und DIN 18650:2005 für besonders schutzbedürftige Personen erforderlich gewesen wären. Die Tür ist mit einer pneumatischen Kontaktleiste ausgestattet. Wird der hohle PVC-Schlauch eingedrückt, löst die Druckwelle über einen Luftschlauch den sog. Druckwellenschalter aus. Der Steuerstrom wird unterbrochen, die Tür bleibt stehen und öffnet sich wieder. Druckwellenschalter müssen nach der Richtlinie ZH 1/494 bei jeder Schließung einen Eigentest hinsichtlich der Funktionalität vornehmen. Sollte der Test negativ ausfallen, muss der Fehler spätestens in einer der nächsten Endlagen erkannt werden. Weitere gefahrbringende Schließungen mittels des Impulsbetriebs sind dann nicht mehr zulässig.

Die Schiebetür in der Klinik ließ sich auch nach dem Entfernen des Luftschlauchs vollautomatisch öffnen und vor allem schließen. Eine Testfahrt, nachdem die Störung aufgetreten gewesen war, nahm die Tür nicht vor.

HINTERGRUND UND SCHADENSANALYSE:
KRAFTMESSUNG

Um mechanischen Gefahren vorzubeugen, sagt die DIN 18650 unter Punkt 5.7.3.1, dass Kräfte (Quetschen und Stoßen), die beim Auftreffen des Türflügels auf den menschlichen Körper oder Körperteile auftreten, begrenzt sind, wenn sie die zulässigen dynamischen und statischen Kraft-Werte nicht überschreiten.

Die Kraftmessung an der Tür führte der Sachverständige mit einer zugelassenen Kraftmesskeule gemäß DIN 18650 auf den letzten 200 Millimeter zwischen der Haupt- und der
Gegenschließkante durch. Der maximal gemessene dynamische Kraft-Wert lag bei 725 Newton, zugelassen sind nach Tabelle 1 der Norm 400 Newton.

HINTERGRUND UND SCHADENSANALYSE:
WEITERE SCHUTZMASSNAHMEN

Für besonders schutzbedürftige Personen – wie Kinder, Menschen mit Behinderungen oder ältere Personen – ist der Norm zufolge die Kraftbegrenzung als alleinige Schutzmaßnahme nicht ausreichend. Weitere Schutzsysteme, die berührungslos arbeiten, sind demzufolge unumgänglich. Schon die DIN EN 12453:2000 forderte bei Automatikbetrieb eine sog. D-Einrichtung, wie z.B. eine Lichtschranke, für das Mindestschutzniveau. Diese überwacht den Schließbereich der Tür und sorgt dafür, dass der Schließvorgang bei Durchquerung der Öffnung stoppt. Die DIN 18650-2:2005-12 gibt unter Punkt 4.4.2.3 an, welche Sicherheitseinrichtungen, abhängig von der Risikobewertung, notwendig sind, um die Tür als gesichert anzusehen. Da die Tür einer Gefährdungsbeurteilung unterzogen werden muss und der Zu-Impuls kein
autorisierter oder bewusster Impuls ist, sondern dieser zeitgesteuert, also automatisch erfolgt, reichen schaltende Schutzeinrichtungen allein keinesfalls aus.

Weitere Schutzmaßnahmen, wie z.B. Lichtschranken oder Sensoren, waren in der Klinik am Tag des Ortstermins nicht vorhanden.

LÖSUNG

Insgesamt entsprach die Tür nicht den geltenden technischen Richtlinien. Gerade in Bezug auf besonders schutzbedürftige Personen hätten weitere Lichtschranken und Bewegungsmelder montiert werden müssen. Die Klinik wurde verurteilt, Schadensersatz wegen Körperverletzung zu zahlen. Die für die Türen zuständige Wartungsfirma wurde in Regress genommen.