Schadensfall 10/2016 Der Handwerker ist nicht immer schuld – kann aber Ärger vorbeugen

Manchmal reicht es nicht, wenn der Fachmann seine handwerkliche Leistung fehlerfrei erledigt. In diesem Fall hätte der Handwerker Ärger vermeiden können, wenn er die geplante Nutzung der Toranlage einkalkuliert und dabei drohende Probleme erkannt hätte.

Induktionsschleifen im Boden öffnen die Tore. - © Müller

Bei Erstellung einer größeren Eigentumswohnungsanlage in absoluter Top‐Lage plante der Architekt eine großzügige Tiefgaragenanlage mit mehreren Rollgittern in den Zu‐ und Abfahrten. Handwerker montierten die Anlage im Zuge des Baus. Eines der Einfahrtstore mit einer Breite von zirka sechs Meter liegt unmittelbar unter dem Schlafzimmer der Wohnung darüber. Die Eigentümerin klagte seit ihrem Einzug über ständige laute Schläge während der Torbewegung und pochte auf eine Lösung. Der Torbauer benachrichtige den Rollgitterlieferanten, der allerdings abwinkte und das Laufgeräusch für normal hielt. Folgerichtig wollte er nicht helfen.

Schadensbild

Es kam, wie es kommen musste: Dem Sachverständigen flatterte eine E-Mail ins Postfach. So skizzierte der Autor das Schadensbild: In der Tiefgaragenzufahrt ist ein Rolltor eingebaut worden, welches hinsichtlich des Körperschalls Probleme bezüglich der Geräuschentwicklung bei einer darüberwohnenden Eigentümerin verursacht. Alle bisherigen Versuche, den Unternehmer dazu zu bewegen, Abhilfe zu schaffen, sind fruchtlos verlaufen. Die Eigentümergemeinschaft sehe sich deshalb veranlasst, einen Gutachter zu Rate zu ziehen, um die Forderungen durchzusetzen. Ausgeschrieben und geliefert wurden fünf Rollgitter, wobei die Monteure das später zur Rüge führende Gitter
noch über Sonderkonsolen zur Umfahrung eines Regenfallrohrs installieren mussten. Beim Vergabegespräch verhandelten die Beteiligten wie üblich auch Einsparpotenziale sowie Nachlässe – der Schallschutz spielte hier keine Rolle. Die Aussicht auf einen Auftrag für fünf Gitter sowie eine aufwändige Gegenverkehrssteuerung mit allem Drum und Dran verlockte den Auftragnehmer und zerstreute anscheinend eventuelle Bedenken. An Schallschutzabsorber dachte zu diesem Zeitpunkt niemand, zumal die Laufschienen
bei diesem Tortyp wie üblich mit PVC-Gleiteinlagen ausgerüstet sind.

Hintergrund

Der Gutachter stellte vor Ort fest, dass die Handwerker alle Tore sach- und fachgerecht montiert hatten. Sie hatten die Sonderkonsolen ausreichend dimensioniert, statisch nachgewiesen und mit Schwerlastankern im Beton befestigt. Die Geschwindigkeit in der größeren Garagenanlage für etwa 260 Fahrzeuge wurde bauseitig auf zehn
Stundenkilometer begrenzt und mittels ausgefeilter Ampelanlage und der zur Einfahrt notwendigen zahlreichen Stopps an den diversen Schlüsselschaltern zum Öffnen der einzelnen Abchnittsgitter auch meist eingehalten. Einige Parkplätze liegen allerdings im inneren Hofbereich, während die eigentliche Tiefgarage in der Mitte der Durchfahrt rechtwinklig abzweigt. Das Hauptzufahrtsgitter gibt sowohl den Weg zu den jeweiligen nochmals abgesicherten Tiefgaragenzufahrten frei als auch den Zugang zum Hofbereich mit weiteren zirka 60 Parkplätzen.

Schadensanalyse

Bei Ausfahrt aus der Tiefgarage und den Freiplätzen öffnen im Boden eingelassene Induktionsschleifen die Tore. Allerdings reicht die Ausfahrtsschleife für die Hofparkplätze bis nahe an die Zufahrt. Hierdurch öffnen einfahrende Fahrzeuge, sofern diese leicht nach links von der idealen Spur abweichen, das Gitter erneut. In Verbindung mit der üblichen Offenhaltezeit fahren Fahrzeuge auch ohne eigentliche Impulsabgabe an der Einfahrtssäule ein. Die Wagen rollen dann mit deutlich höherer Geschwindigkeit als vorgegeben ein, um die Toröffnung zu nutzen. Beim zirka 90-minütigen Ortstermin fuhren zahlreiche Fahrzeuge ein und aus. Der Sachverständige beobachtete jedoch kein Fahrzeug, das sich hierbei an die Lichtzeichenregelung gehalten hätte. Die in der Durchfahrt trotz Anwesenheit von mehreren Personen recht hohe Fahrgeschwindigkeit hatte jedoch bei
der Ausfahrt einen anderen Nebeneffekt. In der Ausfahrtsfahrbahn liegt ein leicht lose und damit kippend eingebauter Schachtdeckel, der bei jeder Überfahrt mit einem laut schlagenden Geräusch klapperte.

Lösung

Die sich beschwerende Eigentümerin hatte dieses Geräusch beim Ortstermin als das wesentliche Störgeräusch identifiziert. Den Gang zum Gericht konnten sich die Beteiligten sparen. Die beiden Pendelkugellager der Torflügel hätte der Fachbetrieb in diesem Fall vorab durch zwischengesetzte Gummipuffer wirksam bei geringen Zusatzkosten entkoppeln und so den Geräuschpegel senken können.