Manchmal erweist sich hohe Leistungsfähigkeit als Fluch Auf die richtige Antriebsvariante kommt es an

Die Architektur hat seit einiger Zeit die Fenstermarkise und besonders die Senkrecht-anlage als Screen wiederentdeckt. In großen Dimensionen dieser Anlagen liegt allerdings auch ein Risiko, das Fachbetriebe unbedingt in ihren Projekten einkalkulieren sollten.

Zip-Screen-Anlagen werden immer größer ausgeführt. - © Müller

Durch die Weiterentwicklung zum Zip‐Screen haben die Hersteller die ehemals lose herabhängenden Bespannungen seitlich in den Laufschienen fixiert und damit die Windfestigkeit der Anlagen verbessert. Im Zuge dieser neuen technischen Möglichkeiten hat nach Einschätzung des Sachverständigen Dipl.-Ing. Gerd-Joachim Müller der Trend hin zu immer größeren Zip-Screen-Anlagen am Markt Einzug gehalten. Größenangaben von sechs Meter in der Breite und bis zu sechs Meter in der Höhe bei Flächen-begrenzungen auf 22 Quadratmeter seien durchaus üblich. Zumutbare Windlasten geben Hersteller mit 80 Stundenkilometer oder 22 Meter pro Sekunde oder im Konsum bereich bis zur Breite von drei Meter gar mit 28,5 Meter pro Sekunde oder sieben Beaufort an. Allerdings müssen aus technischen Gründen bei vielen Antrieben und Steuerungen die Windlasten auf niedrigere Werte reduziert werden. Aus dieser Diskrepanz ergeben sich in der Praxis nach Erfahrung des Gutachters Probleme.

Schadensbild


Ein Zip‐Screen mit drehmomentgesteuertem Antrieb bleibt kurz nach Auslösen des Impulses zur Aufwärtsfahrt durch die Windwarnanlage in voller Pracht nahezu vollständig heruntergefahren stehen und ist ungeschützt. Die Steuerung reagiert nicht mehr, der Nutzer hat keine Möglichkeit mehr zu reagieren. Beispiele liefern ein aktueller und ein älterer Fall. Im aktuellen Fall blieb die mit einem Abstand von mehr als 100 Zentimeter zur Scheibe installierte Anlage mit 500 Zentimeter Breite und 450 Zentimeter Höhe häufig stehen. Laut Herstellerprospekt verträgt der Zip-Screen zulässige Windge schwindigkeiten von 27 Meter pro Sekunde. Die Steuerung des Antriebs war auf drei Meter pro Sekunde eingestellt. Im älteren Fall zeigte sich das gleiche Problem an einem Zip-Screen mit 450 Zentimeter Breite und 600 Zentimeter Höhe, den der Handwerker im Abstand von 20 Zentimeter zur Verglasung montiert hatte. Die zulässige Windgeschwindigkeit lag hier bei 20 Meter pro Sekunde, der Antrieb war auf fünf Meter pro Sekunde eingestellt.

Schadensanalyse


Bei der Suche nach der Ursache kristallisierte sich folgender Zusammenhang heraus: Der R+S-Betrieb liefert Zip-Screens meist mit den bekannten Rohrmotoren mit elektrischer Steuerung und drehmomentüberwachter Endlagenerkennung. Beim Zip-Screen bleibt zur Einstellung der Endlage nur die fixe Programmierung übrig, weil der
Behang keine Drucklasten überträgt. Bei dieser Methode bleibt aber die dem System eigene Drehmomenterkennung erhalten. Setzt die Windwarnanlage bei einer Windgeschwindigkeit von 28,5 Meter pro Sekunde am Behang den Auffahr-Impuls, bleibt die Anlage stehen. Den Grund dafür liefert folgender Ablauf: Das Tuch liegt durch die hohe Windlast an der Verglasung an. Gleich zeitig hat sich das Ausfallprofil in den Schienen gedreht, bis es an den gegenüberliegenden Laufflächen fest anliegt. Der drehmomentgesteuerte Antrieb erkennt die erhöhte Reibung in den Laufschienen sowie zwischen Ausfallprofil und Laufschienen bei hoher Windlast als Blockade und stoppt.

Hintergrund
Viele Kunden greifen aufgrund der höheren Widerstandsfähigkeit gegen Windlasten zum Zip-Screen anstelle der Raffstores und wollen den erhöhten Windwiderstand in der Praxis nutzen. Entsprechend den Einsatzempfehlun gen des ift in der Richtlinie AB 01‐1‐2006 beträgt die zumutbare Wind geschwindigkeit für eine Raff -
store anlage 15 Meter pro Sekunde. Hersteller verweisen auf diese Richtlinie und benennen die Windklasse 0 im Zuge der Kon formi tätserklärung nach DIN EN 1932:2001. In den entsprechenden Unterlagen zur Zip‐Anlage weisen Hersteller auf die Möglichkeit eines Abschaltens des Motors bei Verwendung einer Windwarnanlage hin. Als Lösung nennen sie die individuell einzustellende Windlast an der Steuerung durch den Monteur. Nach Einschätzung des Sachverständigen nimmt der Kunde dies zur Kenntnis,
versteht es aber nicht, sondern fordert die Nutzung der hohen Windwiderstandsleistung für die Zip-Screens mit den bekannten Motoren. In diesem Fall hat der R+S-Fachbetrieb das Problem, die kaum erfüllbaren Kundenansprüche in der Praxis umzusetzen.

Lösung


Der ältere Fall endete mit einem Vergleich: Der Fachbetrieb besserte die Anlagen mit neuen Bespannungen und seitlichen Windfangblechen nach. Zusätzlich stellte er die Anlage auf Windgeschwindigkeiten von zehn Meter pro Sekunde ein. Auf die beschriebene Problematik abgestimmte Antriebe mit elektrischer Steuerung befinden sich in
der Entwicklung und sollten nach Müllers Einschätzung bald verfügbar sein.