Schadensfall 7-8/2015 Verputzen will gelernt sein

Anputzleisten werden nicht verwendet, die vorgegebenen Putzkanten missachtet – seit 2013 kommt es bei Aufsatz- und Vorbaukästen vermehrt zu gerichtlichen Auseinander-setzungen, die mangelhaftes Verputzen zum Gegenstand haben. Um sich selbst aus der Schusslinie zu nehmen, sollten R+S-Betriebe nachfolgende Gewerke über die entsprechenden Richtlinien aufklären.

Bereits nach kurzer Zeit brachen Teile des Putzes an der Laibung und entlang der Kastenkante ab. - © Müller

Bei einem Neubauvorhaben montierte der Fachbetrieb die Rollladen-Aufsatzelemente – wie üblich und vorgesehen – zusammen mit den Fenstern. Einige Zeit nach dem Bezug reklamierte der Kunde beim Rollladenbauer die Kurbelbedienung, später dann ausbrechende Putzteile – und zuletzt die kompletten Elemente. Es kam zur gerichtlichen Auseinandersetzung.

Schadensbild und -analyse

Wie der Kunde berichtete, brachen kurz nach dem Bezug des neuen Heims beim Kurbeln Stücke des Innenputzes an der Laibung ab. Später seien Putzteile entlang der Kastenkante abgefallen. Vom Rollladenhersteller erfolgte keine Reaktion, der Fensterbauer konnte nicht weiterhelfen: Dieser hatte die Elemente bei seinem Hersteller zugekauft, der Konformität erklärte und komplette Elemente lieferte. Der Bauherr kontaktierte schließlich einen Anwalt; es kam zum Beweissicherungsverfahren. Dabei sollte der Beweis erbracht werden, dass die Rollladen‐Revisionsdeckel der Aufsatz-Rollladenelemente im gesamten Haus zu lang ausgeführt worden seien und im Reparaturfall Beschädigungen an Wand und Putzflächen zu erwarten seien. Außerdem seien die Rollladenkästen insgesamt zu lang, die Rollläden selbst dagegen zu schmal. Die Kosten für den Umbau der Rollladendeckel waren mit 1.250 Euro angegeben, die Kosten für die Beseitigung der zu langen Kästen und zu schmalen Rollläden mit mindestens 6.000 Euro.

Der hinzugezogene Sachverständige stellte bei der Untersuchung fest, dass die Aufsatzelemente mit 37-Millimeter-Aluminium‐Minibehang einwandfrei hergestellt und montiert waren – entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik. Ebenso sei das Laufverhalten in Auf‐ und Ab‐Richtung ruhig und normal gewesen. Die Revisions-blende war als zweidimensionale Winkelblende ohne seitliche Distanzstücke ausgeführt. Allerdings: Die Kurbelplatten waren dem Sachverständigen zufolge seitlich teilweise um vier Millimeter überputzt, die Kurbelgelenke hätten bereits ohne Betätigung am Innenputz gestreift. Die Fuge der Revisionsöffnung wiederum sei teilweise überhaupt nicht mehr sichtbar gewesen bzw. trocken verlaufen, das heißt ohne Anputzleiste unmittelbar an der Revisionsklappe.

Hintergrund

Fenster und Aufsatzelement montiert der Fachbetrieb in direktem Anschluss an den Rohbau, um das Bauwerk abzudichten und um den beginnenden Innenausbau zu ermöglichen. Die vorgeschriebenen umlaufenden Dichtungen, seien es 3D-Fugendichtbänder oder Folien, werden außen wie innen überputzt. Nach der Richtlinie „An -
schlüsse an Fenster und Rollläden bei Putz, Wärmedämm‐Verbundsystem und Trockenbau“, Punkt 8.2, sind dabei Anputzleisten zu verwenden sowie die vorgegebenen Putzkanten zu beachten. Wie der Sachverständige feststellte, wurde der Innenputz im vorliegenden Fall bis in den Bewegungsbereich der Revisionsklappen ausgeführt, was nicht der Richtlinie entspricht. Ob die Arbeit von einem Fachunternehmer oder in Eigenregie erledigt worden war, ist nicht bekannt.

Lösung

Die oben genannte Richtlinie haben der Bundesverband Rollladen + Sonnenschutz, der Fachverband der Stuckateure für Ausbau und Fassade BW sowie der Fachverband Glas Fenster Fassade BW gewerkeübergreifend veröffentlicht. Nach der Erfahrung des Sachverständigen ist sie aber insbesondere bei den später den Innenputz auftragenden
Gewerken weitgehend unbekannt. Das Ärgerliche: Probleme beim Putz fallen in der Regel immer auf den Rollladen‐ oder Fensterbauer zurück, ohne dass diese wirklich eine Schuld trifft. Die Kosten der Mangelbeseitigung im vorliegenden Fall durch die fachgerechte Neuanlage des Innenputzes im Laibungsbereich lagen mit 1.300 Euro deutlich unterhalb der benannten Kosten für einen Systemaustausch.