Mehr Sicherheit ist bei Toren ein entscheidendes Qualitätskriterium Schließkraftmessung: Hier finden Sie Tipps für die Praxis

Die Schließkraftmessung an kraftbetätigten Toren spielt für Fachbetriebe bei der Installation von neuen Toren und der Wartung von Bestandsanlagen eine entscheidende Rolle für die Sicherheit. sicht+ sonnenschutz hat mit einem Torbau-Unternehmer und Sachverständigen über die wichtigsten Schritte in der Praxis gesprochen.

Die Messkeule KMG-Lite von Anbieter GTE zeigt die auftretenden Kräfte am kraftbetriebenen Tor. - © GTE

Michael Heidrich hat als Geschäftsführer des Torfachbetriebs Erich Heidrich aus Nürnberg und als ö.b.u.v. Sachverständiger für das Metallbauerhandwerk an der HWK für Mittelfranken viel Erfahrung mit der Schließkraftmessung an Toren gesammelt. „Ich hatte unlängst einen Kunden, der mir sagte, er habe einen Allround-Prüfer bei sich gehabt, der alle möglichen Dinge prüfen würde. Dreijährige einschlägige Berufserfahrung in unserer Branche kann der nicht gehabt haben“, sagt Heidrich. Bei solchen Anlagen habe er in der Nachprüfung auch schon mal Kräfte von 800 oder 1.000 statt der erlaubten 400 Newton festgestellt. Im konkreten Fall hatte der „Spezialist“ eine eintägige Schulung vom TÜV mit Teilnahmebe-scheinigung gemacht und bei den tatsächlichen 890 Newton an der Toranlage irgendwie keinen Verdacht geschöpft. Sachkunde sieht anders aus. Heidrich prüft in der Praxis
nach der ASR A1.7 aus den Technischen Regeln für Arbeitsstätten und berechnet für die Keulenmessung den Kunden 36 Euro zusätzlich. Eine ITT-Prüfung nach EN12445/12453 macht nur für Tor- und Antriebshersteller als Ersttypprüfung unter Laborbedingungen Sinn.

Auf das Handwerkszeug kommt es an

Wer eine Prüfung richtig machen will, braucht die passende Messkeule. „Ohne eine leistungsfähige Keule geht nichts. Wir setzen auf das Modell KMGLite von GTE“, sagt Heidrich. Insgesamt hat der Unternehmer zehn Messgeräte in seinem Betrieb im Einsatz. Jeder Monteur kontrolliert ein gerade installiertes Tor auf die passende Schließkraft. „Damit sichern wir die Sicherheit und damit die Qualität unserer Arbeit“, betont der Schlossermeister. Die Prüfung sei auch ein guter Indikator für den Monteur in der Wartung und Reparatur. „Wir hatten schon Tore, die auf den ersten Blick sicher wirkten und einige Sicherheitseinrichtungen hatten. Die Prüfung hat dann ganz andere, erschreckende Defizite zutage gefördert“,
erläutert der Sachverständige. Die Messkeulen müssen ein Mal pro Jahr kalibriert werden. Heidrich schickt immer drei Geräte zur Wartung, damit er immer genug Modelle für die Praxis zur Hand hat. Je nach Ausstattung kostet eine Keule zwischen 500 und 1.000 Euro, dazu kommen Kosten für die Kalibrierung und die Schulung der Mitarbeiter. Deshalb kalkuliert der Fachmann die 36 Euro für die Messung.

So funktioniert die Messung

Experte Michael Heidrich nennt die einzelnen Schritte für die korrekte Messung der Schließkräfte mit einer Messkeule.

Schritt 1: Zuerst sollte sich der Fachmann einige Fragen stellen: Öffnet das Tor vertikal oder horizontal? Hat das Tor eine Lichtschranke und ragt diese in den Messbereich? Ist dies der Fall, muss der Metallbauer die Lichtschranke für die Dauer der Messung „überbrücken“. Bei einem durchgehenden Licht schleier der Kategorie E ist keine Messung erforderlich.

Schritt 2: Die Schließkante muss sauber auf dem Messgerät aufsitzen. Bei schiefen Ebenen muss der Praktiker z.B. einen Holzkeil einsetzen, um die Kräfte sauber in die Messkeule einzuleiten.

Schritt 3: Die ASR 1.7 schreibt drei Messpunkte vor: bei von oben nach unten öffnenden Toren (z.B. Sektionaltor, Rolltor, Kipptor) jeweils ein Mal 20 Zentimeter von der Außenkante rechts und links und ein Mal in der Tormitte. Pro Punkt misst der Prüfer jeweils dreimal. Die richtige Höhe hält der Anwender mit dem Einsatz des mitgelieferten Standbeins automatisch ein – sie liegt bei 300 Millimeter der Öffnungshöhe.

Schritt 4: Den Mittelwert der Prüfungen notiert der Fachmann direkt im passenden Prüfprotokoll oder auf einem Block des Messkeulen-Herstellers. Das Ergebnis darf 400 Newton nicht überschreiten. Zudem muss das Tor anhalten und innerhalb von 0,75 Sekunden reversieren, also wieder hochfahren. Auch diesen Wert registriert die Messkeule. Wird der Wert überschritten, blinkt ein Punkt an dem Gerät. Die notierten Werte heftet der Prüfer an das Prüfprotokoll an. Bei der Prüfung im Zuge eines Sachverständigen-Auftrags dokumentiert Heidrich die Ergebnisse noch zusätzlich mit Fotos.

Schritt 5: Danach muss der Experte das Ergebnis bewerten. Bei Kräften bis zirka 550 Newton kann der Fachmann mit dem Nachstellen von Federn und anderen Parametern die geforderten 400 Newton erreichen. Bei gemessenen Kräften zwischen 600 und 1.000 Newton muss er meist eine neue Kontaktleiste mit einem stärkeren Gummi einbauen, um die auftretenden Kräfte besser abzubauen. Bei höheren Kräften bleibt oft nur der Griff zum neuen Tor.

Alternative: Bei einem vertikal öffnenden Tor wie einem Hofschiebetor hängen die Messpunkte sehr stark von der Ausführung des Modells mit Torhöhe, Schienensystemen und Pfosten ab. Anhaltspunkte dazu liefern Fachpublikationen wie z.B. das Schulungsheft „Check-Up für Tore“ vom Bundesverband Tore (BVT) oder Anleitungen der Hersteller von Messkeulen.

Absolute Sicherheit im juristischen Streitfall hat der Prüfer nach Einschätzung von Heidrich nie. „Aber der Richter sieht natürlich, ob der Torfachmann alles getan hat, um die Sicherheit des Tores zu prüfen, oder ob er nach dem Motto ,Ich habe das Tor mit der Hand aufgehalten’ vorgegangen ist.“ Matthias Heiler