sicht+sonnenschutz im Interview mit Lamilux Dr. Heinrich Strunz: „Auch nach Feierabend, die Firma verlässt uns nie.“

Dr. Heinrich Strunz (60) ist promovierter Jurist, Arbeitgeber von 850 Angestellten bei Lamilux und kennt sich nachweislich mit Wachstum aus. Was sonst noch wichtig ist für den nachhaltigen Erfolg, hat er im Exklusivinterview am Standort Rehau verraten.

Dr. Heinrich Strunz (60) leitet das 1909 gegründete Unternehmen Lamilux. - © Kober

sicht+sonnenschutz: Herr Dr. Strunz, im Videointerview (auf www.sicht-sonnenschutz.com; d. Red.) haben Sie die Bedeutung der Kundenorientierung für Lamilux hervorgehoben - was heißt das konkret?

Strunz: Die Kundenorientierung ist bei Lamilux der Kern unserer Philosophie. In unseren Prospekten nennen wir das „Customized intelligence“ – wir sehen uns mit unserer Performance nicht in der Mitte oder als Billiganbieter, sondern wir formulieren klar den Anspruch der Leistungsführerschaft; in den fünf Feldern Qualität, Innovation, Service, Beratungskompetenz, Problemlösung. Darauf kann sich der Bauherr bzw. Architekt verlassen, und deshalb unterhalten wir eine so ausgeprägte Fertigungstiefe.

sicht+sonnenschutz: Letzteres hat auch etwas mit Wertschöpfung zu tun.

Strunz: Ganz klar, aber eine solide Finanzierung ist ja durchaus ein Aspekt langfristiger Partnerschaft. Angesprochen habe ich die Fertigungstiefe aus einem anderen Grund: Bei uns erhält der Auftraggeber die Komplettlösung Glasdach aus einer Hand, das Profil, die Verglasung, wir übernehmen die Installation und regeln für ihn die Gebäudesteuerung.

sicht+sonnenschutz: Das heißt, für den Kunden entfällt die Schnittstellenproblematik?

Strunz: Genau – wenn’s gut war, war’s Lamilux; und wenn es, was hoffentlich nicht der Fall ist, nicht gepasst hat, war’s auch Lamilux (lacht). In diesen Komplex gehören zudem die Assets Liefersicherheit, Qualitätssicherheit und die Möglichkeit, auf spezifische Kundenwünsche einzugehen. Bei der Umsetzung dieser Herausforderungen hilft uns unsere Fertigungstiefe sehr.

sicht+sonnenschutz: Lamilux ist in den Feldern Tageslichtelemente und Composites tätig und bilanzierte zuletzt 230 Millionen Euro Umsatz mit starken Wachstumsraten – entwickeln sich beide Themen vergleichbar dynamisch, gibt es Unterschiede beim technischen Anspruch?

Strunz: Tatsächlich ist es erfreulich, dass wir in unseren Aktivitäten gleichermaßen gut vorankommen, so dass beide Sparten in ähnlichem Umfang zum Umsatz beitragen. Das
Thema Tageslicht begleitet uns bei Lamilux bereits seit 1956, als wir in Rehau die ersten Lichtkuppeln herstellten; was dann neu war, das war der verstärkte Einsatz von Kunststoffen – da gibt es heute Anwendungsmöglichkeiten für GFK-Verbünde des Bereichs Composites. Aber natürlich produzieren wir genauso architektonisch anspruchsvolle Tageslichtelemente in den Materialkombinationen Glas/Aluminium sowie Glas/Stahl, letztere bei unserer Tochtergesellschaft Mirotec. Was den technischen Anspruch angeht, so sind wir bei Lichtkuppeln und Composites ebenfalls auf vergleichbar hohem Niveau unterwegs und betreiben einen hohen Entwicklungsaufwand für unsere Kunden.

sicht+sonnenschutz : Auch in der Fassade setzen die Glasleute zunehmend auf den Eintrag von Tageslicht in Gebäude, Architekten priorisieren das Thema ebenfalls. Läuft der Markt da auf Sie zu oder fürchten Sie transparente Fassadenlösungen als Konkurrenz zu Ihren Produkten?

Strunz: Richtig ist, dass wir diese Entwicklung spüren und auch begrüßen. Ähnlich hat sich das Geschäft ja auch am Dach entwickelt, weil hier der Trend recht klar zu Flachdach- Konstruktionen geht, wogegen wir bei Steildächern natürlich weniger nahe dran sind mit unseren Produkten. Dass der Markt aber auf uns zuliefe, klingt mir zu passiv – wir schreiben uns schon auf die Fahnen, die positiven Aspekte von Tageslicht in der Gestaltung von Gebäuden, heute zunehmend intelligent gesteuert im Zusammenspiel mit Lüftung, Verschattung und RWA, seit Jahren zu unserem Hauptanliegen gemacht zu haben. Deshalb sehe ich da Glas in der Fassade auch nicht als Konkurrenz, sondern eher als Komplettierung eines transparenten Gesamtkonzepts.

sicht+sonnenschutz: Haben Sie die maßgeblichen Entwicklungen in den Gebäuden kommen sehen oder worauf führen Sie das stetige Wachstum der vergangenen Jahre zurück?

Strunz: Nein, wir halten uns nicht für im Besitz der einsamen Weisheit (lacht). Vielleicht ist es ein Vorteil gewesen, dass ich Jurist und kein Techniker bin. So musste ich nie
meine eigenen Ideen verteidigen, und die Mitarbeiter hatten Raum zur Entfaltung. Klar funktioniert nicht alles, was man sich überlegt hat – aber zu einem Klima, das Innovationen begünstigt, zählt eben auch die Akzeptanz von solchen Fehlschlägen.

sicht+sonnenschutz: Wie groß ist der Anteil der Kunden an der Entwicklung Ihres Unternehmens?

Strunz: Den Anteil würde ich als sehr hoch einschätzen. Die Ideen der Kunden haben bei uns stets dazu geführt, dass wir nach Möglichkeiten gesucht haben, die Vorstellungen zu realisieren. Aber das hat ein wenig damit zu tun, dass wir nicht strikt nach den ABC-Analysen vorgegangen sind – nach dem Motto: Wenn das Projekt nicht bis zum Tag X
erwartbar diesen und jenen Umsatz bringt, dann hängen wir uns da nicht rein. Diese Einstellung, Impulse aufzunehmen, haben wir uns, denke ich, bis zum heutigen Tag bewahrt.

sicht+sonnenschutz: Ihre Frau, Dr. Dorothee Strunz, ist als Kogeschäftsführerin ebenfalls im Unternehmen. Wie wirkt sich die Zusammenarbeit auf das Private aus, in der Partnerschaft?

Strunz: Na ja, wir machen das ja jetzt schon seit 1994, als meine Frau in die Firma gekommen ist. Klar ist: Die Firma verlässt uns nie, auch nicht nach Feierabend. Aber wir haben auch andere Themen – und das Unternehmerdasein offenbar nicht zu negativ vermittelt, da die nächste Generation ja für die Zukunft schon bereitsteht.
Reinhold Kober